Rx-Versandverbot

Gröhe auf Facebook abgewatscht Gabriele Hoberg, 15.02.2018 10:01 Uhr

Berlin - 

„Versprochen. Durchgesetzt. CDU.“ Hermann Gröhe (CDU) hat auf Facebook gegenüber gestellt, was seine Partei den Bürgern versprochen hatte, nämlich: „Die Versorgung durch ein ortsnahes Apothekenangebot werden wir sichern, indem wir den Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln verbieten.“ Darunter dann der Text, der im Koalitionsvertrag der Großen Koalition steht: „Um die Apotheken vor Ort zu stärken, setzen wir uns für ein Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln ein.” Die Reaktionen sind eher negativ.

Das Eigenlob kam bei zahlreichen Kommentatoren gar nicht gut an, der Minister erntete dafür beißenden Spott. Das Aussperren von E-Commerce im Apothekenbereich wird als rückschrittlich gebrandmarkt, von Klientelpolitik und Planwirtschaft ist die Rede. Dass sich chronisch Kranke nicht gerne von Politikern schikanieren lassen wollen, spiegeln etliche Kommentare wider; unter anderem ist davon die Rede, dass „es ja nichts Geileres gibt, als Medikamente von der Apotheke abzuholen“. Der Digitalisierungsstau in Deutschland scheint denjenigen, die Gröhe Kontra geben, jedenfalls mehr umzutreiben als die flächendeckende Versorgung durch Apotheken.

Für Eigenlob sei es noch zu früh, finden einige Kommentatoren. Denn noch sei nichts umgesetzt, außerdem sei die Formulierung abgeschwächt. Den teilweise polemischen und unterstellenden Kommentaren über die erfolgreiche Apothekerlobby versuchen einige Kollegen mit Fakten zu begegnen. So hat die Debatte mittlerweile mehr als 100 Kommentare erreicht.

Als Kritiker des Rx-Versandverbots outen sich auch einige prominente Branchenvertreter, darunter der Geschäftsführer des Versandapothekenverbands BVDVA und die Leiterin des Bereichs Gesundheitsmanagement von Berlin-Chemie. Bei Twitter diskutieren außerdem DocMorris-Vorstand Max Müller und die Bundestagsabgeordnete Kathrin Vogler (Linke).

Das Rx-Versandverbot war in den GroKo-Verhandlungen bis zum Schluss strittig. Wenn die SPD-Mitglieder Anfang März den Koalitionsvertrag ablehnen, ist alles wieder offen. Dann steigt der Druck auf die Politikergeneration 50 Plus, für weitere Koalitionen oder Neuwahlen nicht wieder anzutreten und stattdessen den jüngeren Politikern den Weg freizumachen. Die stehen parteiübergreifend für mehr Digitalisierung.

Bleibt es bei der geplanten Neuauflage der GroKo, könnte Gröhes Plan aufgehen. Der Bundesgesundheitsminister hatte sich recht schnell nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) für ein Rx-Versandverbot entschieden. Seit dem Spruch aus Luxemburg müssen sich ausländische Versandapotheken nicht mehr an die Preisbindung bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln halten.

Ein Rx-Versandverbot schien Gröhe – wie auch der ABDA – die einzig sinnvolle Reaktion hierauf. Doch innerhalb der Koalition gab es Dissens: Die SPD wollte Gröhes Gesetzesentwurf nicht mittragen, besonders die Fraktion der Sozialdemokraten im Bundestag stellte sich quer. Gröhe hatte angekündigt, das Thema mit in neue Koalitionsverhandlungen nehmen zu wollen und erbittert bis zum Schluss darum gekämpft. In einer neuen GroKo stellt die Union neben dem BMG künftig auch das Wirtschaftsministerium, das unter anderem für das Apothekenhonorar zuständig ist.