„Gesundheit ist nur C-Thema“

GKV-Chef fordert schnelle Reformen 26.08.2025 15:31 Uhr

Berlin - 

Der neue Vorsitzende des GKV-Spitzenverbandes, Oliver Blatt, warnt vor Untätigkeit: Ohne Reformen könnte der Zusatzbeitrag bereits Anfang 2026 im Schnitt über 3 Prozent liegen, erklärte er im Gespräch mit dem Handelsblatt.

Die Beiträge der GKV stiegen stetig – weil wichtige Strukturreformen fehlten, betont Blatt im Gespräch mit dem Handelsblatt. Die Ausgaben liefen den Kassen davon, und das System lasse sich nur so gerade noch stabil halten. Die Sozialbeiträge lägen inzwischen bei über 42 Prozent; weitere Steigerungen würden die Wettbewerbsfähigkeit belasten. „Weniger Kostensteigerung, mehr Qualität“ – das müsse durch gezielte Strukturreformen erreicht werden, fordert Blatt.

„Politische Entscheidungen haben dazu geführt, dass die GKV dauerhaft mehr ausgeben muss, als sie einnimmt“, so Blatt. Deshalb seien die Reserven weitgehend aufgebraucht und die Zusatzbeiträge stiegen stetig. Auch der Bundesrechnungshof (BRH) habe kürzlich Alarm geschlagen. „Mit diesem Flickwerk und ohne politische Reformen fährt die GKV mit Ansage gegen die Wand.“ Die Merz-Regierung behandle Gesundheit als C-Thema, dabei gehöre sie ganz oben auf die politische Agenda. Schließlich seien Gesundheit und Pflege für die Menschen existenziell.

Das Ziel müsse sein, die vorhandenen Mittel effizienter zu nutzen, sodass vorhandene Leistungen finanzierbar blieben und auch medizinischer Fortschritt bezahlt werden könne. Unter den Kostentreibern nennt der GKV-Chef auch Medikamente: „Beispielsweise werden Arzneimittel teuer, weil einige neue Präparate mehr leisten können. Noch stärker werden de Preise jedoch von den Schwächen im aktuellen System der Preisverhandlung getrieben – das muss dringend reformiert werden.“

Ausgabenbremse nötig

Nach Ansicht des GKV-Chefs ist zunächst eine Ausgabenbremse nötig. Zudem müssten versicherungsfremde Leistungen, wie die Beiträge von Bürgergeldempfängern, vom Staat getragen werden – das würde den Kassen laut Blatt rund zehn Milliarden Euro mehr Spielraum geben. Zur langfristigen Stabilisierung müssten dann Strukturreformen umgesetzt werden. Als Beispiele nennt Blatt die Kliniken und kritisiert, dass die ursprüngliche Reform durch das Krankenhausreformanpassungsgesetz der Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU) aufgeweicht werde. Außerdem brauche es dringend eine Reform des Notfall- und Rettungsdienstes: „Holt die Reform, die Ex-Bundesgesundheitsminister Lauterbach angefangen hat, bitte schnell wieder hervor.“

Auch Oppositionspolitiker Ates Gürpinar (Linke) kritisiert den Kurs der Regierung und findet lobende Worte für den GKV-Chef. „In der laufenden Kampagne gegen den Sozialstaat kann niemandem verborgen bleiben, was Merz mit seinem ‚Reformherbst‘ will: den Sozialstaat als unfinanzierbar darstellen und das Solidarprinzip aushöhlen. Daher ist es wichtig und richtig, dass sich auch die Krankenkassen dagegenstellen. Der Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes, Oliver Blatt, stellt fest, dass grundlegende Reformen der Gesundheitsfinanzierung nötig sind.“