Nutzenbewertung

G-BA will unabhängig bleiben Benjamin Rohrer, 20.09.2010 09:53 Uhr

Berlin - 

Der Vorsitzende des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), Dr. Rainer Hess, stellt sich gegen politische Vorgaben für die Nutzenbewertung von Arzneimitteln. Man könne die wissenschaftliche Arbeit des G-BA nicht mit einer Rechtsverordnung ersetzen. „Die Regierung muss dann die volle Verantwortung für die Entscheidungen übernehmen.“

Der G-BA soll künftig den Nutzen von neuen Arzneimitteln bewerten. Auf Grundlage der Ergebnisse der Schnellprüfung sollen Industrie und Kassen über die Preise verhandeln. Laut Kabinettsentwurf des Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetzes (AMNOG) soll sich der G-BA selbst eine Verfahrensordnung geben. Nun will die Koalition aber mit einer Rechtsverordnung den Rahmen für die Nutzenbewertung setzen; der Verband Forschender Arzneimittelhersteller (VFA) hatte einen entsprechenden Formulierungsvorschlag ins Bundesgesundheitsministerium geschickt.

Es sei egal, aus wessen Feder die Rechtsverordnung stamme, sagte Hess zur Diskussion um das VFA-Papier. Seine Aufgabe sei es ausschließlich, die Inhalte und Folgen eines solchen Gesetzes zu kommentieren. „Inhaltlich würde eine Rechtsverordnung eine qualitative Verschlechterung der Arbeit des G-BA bedeuten.“ Durch zahlreiche Ausnahmen und Kriterien für die Nutzen-Bewertungen entstünde ein Dauerkonflikt zwischen Wissenschaft und Politik, so Hess.

Insbesondere die vorgesehenen Ausnahmen für Arzneimittel gegen seltene Erkrankungen würden das Niveau der Studien herab setzen: Laut Hess ist geplant, Medikamente gegen seltene Krankheiten - zu denen auch die meisten Krebsarten zählen - von der frühzeitigen Bewertung auszuschließen. Medikamente gegen solche seltenen Krankheiten machten aber in der Summe einen sehr großen Teil der Kosten der Arzneimittelausgaben aus, auch aufgrund ihrer hohen Preise.

Auch der neue Leiter des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG), Professor Dr. Jürgen Windeler, ist gegen solche Ausnahmen, da so Medikamente, die einen geringen Zusatznutzen haben, zu einem sehr hohen Preis auf den Markt kommen könnten. Windeler will auch keine Studien zur Patientenzufriedenheit berücksichtigen: Solche Studien seien subjektiv und für wissenschaftliche Bewertung über die Nutzen eines Medikamenten nicht geeignet.