Bundestag

Fragenmarathon zur AMG-Novelle René Stüwe, 06.05.2009 19:08 Uhr

Berlin - 

Die Novellierung des Arzneimittelgesetzes (AMG) stößt auf reges Interesse bei allen Beteiligten: Zur öffentlichen Anhörung erschienen heute mehr als 50 Verbände und sieben Einzelsachverständige im Reichstag. Zu fast allen Themenkomplexen des Gesetzentwurfs konnten die geladenen Vertreter von pharmazeutischer Industrie, Großhandel, Apotheken, Verbraucherschützer, Medizinern und Krankenkassen Stellung beziehen. Die Fragen stellten die Mitglieder des Gesundheitsausschusses.

Das Spektrum deckte so gut wie alle großen Themenkomplexe des Regierungsentwurfs ab. Kaum eine Neuregelung, die nicht diskutiert wurde. Mit ihrer Kritik am vorgesehenen Belieferungsanspruch des vollsortierten Großhandels machten die Herstellerverbände abermals deutlich, dass sie diese als Eingriff in ihre Berufsausübungsfreiheit ablehnen. Aus Sicht des Bundesverbands der Pharmazeutischen Industrie (BPI) sei eine Regelung der Vertriebsstrukturen angesichts des anstehenden Urteils des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zum Fremd- und Mehrbesitzverbots verfrüht.

Selbst der als unabhängiger Experte geladene Einzelsachverständige Professor Dr. Jürgen Wasem meldete Zweifel an dem „ordnungspolitischen Sinn“ einer Lieferpflicht. Die Regelung schaffe „ohne eine ersichtliche Notwendigkeit einen Eingriff in die Marktautonomie der Beteiligten.“ Der Gesetzgeber solle seine „Hausaufgaben bei den Großhandelszuschlägen machen“. Dann wäre ein solche Regelung überflüssig, so der Sachverständige.

Bei der Frage nach der konkreten Ausgestaltung der Honorierung des Großhandels spalteten sich die Gemüter. Insbesondere die Hersteller und der GKV-Spitzenverband halten das vorgeschlagene Modell des Großhandelsverbands Phagro, das einen preisunabhängigen Fixzuschlag von 0,93 Euro und einen prozentualen Zuschlag von 3 Prozent vorsieht, für unangemessen und wehren sich gegen eine Umstellung in dieser Form.

Auch die vorgesehenen Änderungen bei der Preisbildung für onkologische Rezepturen aus Fertigarzneimitteln wurden kontrovers diskutiert. Der Bundesverband Deutscher Krankenhausapotheker (ADKA) will die geplante Nachweispflicht über Bezugsquellen und vereinbarte Einkaufspreise ersatzlos streichen lassen. Nach Ansicht der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) geht die Offenlegung von Einkaufvorteilen zu Lasten der Patienten. Profiteure einer Neuregelung wäre die Pharmaunternehmen, die ihre Präparate zukünftig nur noch zu Listenpreisen abgeben würden.

Die Vorschrift, nach der die Apotheken bei parenteralen Rezepturen die Pharmazentralnummern (PZN) angeben sollen, hält die Deutsche Gesellschaft für onkologische Pharmazie (DGOP) für nicht umsetzbar. Der Verband der Zytostatika herstellenden Apotheken (VZA) befürchtet zudem ein „Praxischaos“.

Gegen Ende des Experten-Hearings hob die SPD-Fraktion sogar das Thema Pick up-Stellen in Drogerien nochmals auf die Agenda. Die ABDA - Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände argumentierte, dass es sich bei den Abholstellen um „unerwünschte Auswüchse des Versandhandels“ handele. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) sah dies ähnlich und gab zu bedenken, dass eine Vermischung von Apotheken und Drogerien für „große Verwirrung bei den Verbrauchern sorge“.