PharmDL als Ausgleich für E-Rezept

FÄ: Spahns „Lobbygeschenke“ an die Versender APOTHEKE ADHOC, 16.06.2022 13:56 Uhr

Ex-Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat aus Sicht der Freien Ärzteschaft massiv Politik für Versandapotheken gemacht. Foto: Andreas Domma
Berlin - 

Die Freie Ärzteschaft (FÄ) hält auch nichts von den neuen pharmazeutischen Dienstleistungen (pDL). Sie hält sie für überflüssig und überteuert. Der Verein sieht in der Maßnahme nichts als einen Ausgleich für die Apotheken, weil der ehemalige Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) dem Lobbydruck der Versandapotheken nachgegeben habe.

Wie viele andere Ärzteorganisationen kritisiert auch die FÄ, dass die Tätigkeit von Haus- und Fachärzten in die Apotheken verlagert werde. Diesen „Paradigmenwechsel“ hält der Vorsitzende Wieland Dietrich für fragwürdig. „Denn die Kompetenz für diese neuen Beratungsleistungen fehlt eindeutig.“ Gleichzeitig sei die Bezahlung von bis zu 90 Euro ein Vielfaches von dem, was die Krankenkassen für die gesamte Behandlung in einer Arztpraxis im Quartal bezahlten.

Verantwortlich für diese „gefährliche Fehlentwicklung“ sei der Ex-Gesundheitsminister: „Lauterbachs Amtsvorgänger Spahn hat mit seinen Gesetzen der Lobby der Online-Versandapotheken aus dem Ausland ein Geschenk nach dem anderen gemacht“, so FÄ-Vize Dr. Silke Lüder. „Spahn forcierte die Fernbehandlung über Telemedizinfirmen und mit ihnen verbundene Onlineapotheken mit Hilfe des geplanten E-Rezepts.“ Es sei vollkommen klar, dass die Umleitung über das E-Rezept Milliarden Euro in die Kassen der Versandapotheken wie DocMorris spülen werde, so Lüder.

Zum Ausgleich bekämen die Apotheken vor Ort nun die Berechtigung, ärztliche Aufgaben zu übernehmen, kritisiert die FÄ-Vize. „Wir benötigen diese vermeintliche Unterstützung nicht. Alle Arztpraxen führen Arzneimitteltherapiesicherheitsprüfungen vor Ort durch, Blutdruckeinstellungen und Schulungen für Asthma-Sprays nehmen wir in den Praxen vor.“ Selbstverständlich würden sich die Patient:innen weiterhin von ihren Ärzt:innen behandeln und beraten lassen – „auch in Bezug auf ihre Medikamente“, so Lüder. „Und nicht am Apothekentresen.“

Bislang hätten die Praxisärzte immer ein sehr gutes Verhältnis zu den benachbarten Apothekern gehabt, betont die FÄ-Spitze. „Es ist schade, dass dieses jetzt massiv belastet wird durch das vergiftete Geschenk der neuen pharmazeutischen Dienstleistungen.“ Diese Politik gegen die Ärzteschaft werde sicher nicht dazu führen, dass die Kooperation von Ärzten und Apothekern vor Ort verbessert werde, ganz im Gegenteil. Direkt im Anschluss droht der Ärzteverband: „Und damit könnte das E-Rezept über die Online-Versender schnell zu einem Killervirus für kleine Apotheken werden. Den Patienten kann man von dieser Pseudobehandlung in den Apotheken jedenfalls nur abraten.“

Die Freie Ärzteschaft wurde 2004 gegründet und zählt nach eigenen Angaben mehr als 2000 Mitglieder, darunter vorwiegend niedergelassene Haus- und Fachärzte sowie verschiedene Ärztenetze. Der Vorsitzende Dietrich ist Dermatologe in Essen, Vize Lüder niedergelassene Allgemeinärztin aus Hamburg. Seit Jahren äußert sich der Verein sehr kritisch zum Thema E-Rezept.