Pharmawerbung

EuGH-Verfahren für Ratiopharm Alexander Müller, 07.10.2009 12:37 Uhr

Berlin - 

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) wird über die Werbung für verschreibungspflichtige Arzneimittel entscheiden. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat den EU-Richtern am 16. Juli eine entsprechende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt. Im Ausgangsverfahren hatte die Merckle GmbH, ein Unternehmen der Ratiopharm-Gruppe, gegen den US-Hersteller MSD Sharp & Dome geklagt.

Der EuGH soll entscheiden, ob Werbung für verschreibungspflichtige Medikamente nach dem europäischen Arzneimittelkodex erlaubt ist, wenn die Informationen nur Angaben aus der Packungsbeilage enthalten und den Kunden nicht unaufgefordert präsentiert werden.

MSD hatte im Internet seinen - mittlerweile vom Markt genommenen - Cox-2-Hemmer Vioxx (Rofecoxib), das Osteoporose-Mittel Fosamax (Alendronsäure) sowie das Asthma-Medikament Singulair (Montelukast) präsentiert. Die Informationen über die verschreibungspflichtigen Medikamente waren online frei zugänglich: Packung, Indikation und Packungsbeilage.

Ratiopharm hatte darin einen Verstoß gegen das Heilmittelwerbegesetz (HWG) gesehen und MSD verklagt. „Uns geht es grundsätzlich um die Klärung noch offener Fragen im HWG“, sagte ein Ratiopharm-Sprecher gegenüber APOTHEKE ADHOC.

Das Landgericht Hamburg hatte dem Unternehmen im Jahr 2005 in erster Instanz Recht gegeben, auch das Hanseatische Oberlandesgericht hatte ein Jahr darauf die Berufung von MSD zurückgewiesen. Der Bundesgerichtshof hat das Revisionsverfahren jetzt bis zur Klärung durch den EuGH ausgesetzt.

Die BGH-Richter wollten selbst nicht zwischen einer weiten und einer engen Auslegung des Begriffs „Werbung“ abwägen. Einerseits sehen die Richter in dem Werbeverbot einen geeigneten Schutz vor möglichen Gesundheitsrisiken durch Fehlgebrauch von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln.

Andererseits sei die Gefahr der Selbstmedikation bei Rx-Präparaten geringer; schließlich seien immer Arzt und Apotheker beratend an der Abgabe beteiligt. Bei der Selbstmedikation aus früheren Verschreibungen könnte die zusätzliche Information aus dem Internet sogar nützlich sein. Jetzt soll der EuGH entscheiden, was laut EU-Kodex verhältnismäßig ist.

Arzneimittelwerbung ist allerdings nicht erst seit dem Vorlageverfahren ein europäisches Thema: Die EU-Kommission hatte Ende 2008 eine einheitliche europäische Regelung vorgeschlagen, die das Werbeverbot für Rx-Arzneimittel lockern sollte. Dieser Richtlinienentwurf ist ein Teil des Pharmapakets des scheidenden EU-Kommissars Günter Verheugen, das derzeit im Parlament und Rat der EU diskutiert wird. Die Lockerung des Werbeverbots ist umstritten, die Bundesregierung hatte sich in einer Stellungnahme dagegen ausgesprochen. Auch aus anderen Ländern gab es Proteste.