EuGH: Die Positionen

Bundesregierung: Nachts versagt die Versandapotheke Alexander Müller, 21.03.2016 10:14 Uhr

Luxemburg - 

Die Bundesregierung verteidigt die Preisbindung für verschreibungspflichtige Arzneimittel. In der Verhandlung vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) am 17. März war der deutsche Bevollmächtigte ein viel gefragter Mann. Hier sind alle Argumente der Beteiligten in der Zusammenfassung. Teil 3: Die Bundesregierung.

Schon in ihrer schriftlichen Stellungnahme hatte die Bundesregierung sich eindeutig zum System der Preisbindung bekannt. Damit solle die flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln garantiert werden. Dass die Preisbindung auch für ausländische Versandapotheken gilt, hatte die Regierung 2012 noch einmal klargestellt. Der Bevollmächtigte der Regierung, Andreas Lippstreu, trug in Luxemburg folgende Argumente vor:

  • In den meisten EU-Ländern ist nur der OTC-Versand erlaubt, Deutschland ist einen Schritt weiter gegangen und hat auch den Rx-Versand erlaubt. Das setzt aber voraus, dass der Rechtsrahmen von allen Beteiligten eingehalten wird, dazu zählt die Preisbindung.



  • Eine Begrenzung der Niederlassungsfreiheit wäre unzulässig, daher wird die flächendeckende Versorgung mit anderen Mitteln sichergestellt: dem Fremdbesitzverbot, der Notdienstregelung, Einschränkungen im Werberecht und eben den Festpreisen mit Rabattverbot. Die EU-Kommission hält aber offenbar nur Festpreise als alleiniges Mittel für ungeeignet.



  • Die Kommission müsste selbst darlegen, wie die derzeitige Versorgung mit anderen Mitteln garantiert werden könnte. Experimente auf Kosten der Gesundheit der Bevölkerung darf es nicht geben.



  • Apothekenbusse sind keine Alternative: Das Sortiment ist nicht vollständig, sie fahren nicht nachts, haben keine Rezeptur und eine vertrauliche Beratung ist auch nicht möglich.



  • Bei einer Preisfreigabe besteht auch die Gefahr von Monopolen.



  • Der Gesetzgeber hat das Boni-Verbot nicht erst 2012 eingeführt. Die DPV zitiert hier aus einem Gesetzesentwurf, der so nie durch das Parlament gegangen ist. In der verabschiedeten Version heißt es auch in der Begründung eindeutig, dass es sich um eine Klarstellung handelt. Rx-Boni waren zwischen 2003 und 2012 nicht erlaubt, es gab nur Gerichte, die das so gesehen haben.



  • Das Preisrecht gibt es schon seit 1905, es ist keine neue Erscheinung.



  • Der Wettbewerb ist nicht ausgeschlossen, nur auf eine andere Ebene verlagert – zwischen Krankenkassen und Herstellern.



  • Es kann nicht sein, dass der Steuerzahler einspringen muss, damit die Versorgung nicht zusammenbricht, nur weil vorher Einzelne Profit machen.



  • Die Versandapotheke bietet nicht alles, was zu einer flächendeckenden Versorgung notwendig ist: Nachts und in akuten Notfällen versagt die Versandapotheke, ebenso bei bestimmten Arzneiformen.



  • Rx-Boni führen zu einem Verdrängungswettbewerb, unter dem die Akutversorgung zusammenbricht. Eine Preisfreigabe würde dazu führen und wäre nicht unbedeutend: Der Anteil des Rx-Versandhandels ist nur deshalb gering, weil es keinen Preiswettbewerb gibt.



  • Wenn die EU-Kommission selbst sagt, dass die Versender mit Rx-Boni mehr Neukunden gewinnen wollen, werden vor allem die Landapotheken weiterem Wettbewerb ausgesetzt.



  • Die Preisbindung ist sehr wohl ein adäquates Mittel, um den Erhalt der Versorgung auf dem Land zu garantieren.



  • Die Verantwortung liegt bei den Mitgliedstaaten.



  • Man kann Rx-Boni nicht ein bisschen erlauben, da anschließend jeder die Grenze anders für sich auslegen würde.

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