EU-Kommission: 70 Prozent Corona-Impfrate bis zum Sommer APOTHEKE ADHOC, 19.01.2021 17:09 Uhr

Ursula von der Leyen steht wegen des fehlenden Impfstoffs unter Druck. Foto: shuterrstock.com/ Alexandros Michailidis
Berlin - 

Schnell mehr impfen und gleichzeitig wachsam bleiben: Brüssel drängt die EU-Staaten erneut, im Kampf gegen die Pandemie an einem Strang zu ziehen.

Ein Kraftakt beim Impfen soll die Corona-Pandemie in der EU binnen weniger Monate wirksam eindämmen. „Unser Ziel ist, bis zum Sommer 70 Prozent unserer erwachsenen Bevölkerung geimpft zu haben“, erklärte Kommissionschefin Ursula von der Leyen am Dienstag in Brüssel. „Das könnte die Wende in unserem Kampf gegen das Virus sein.“

Dies soll mit Zulassung weiterer Impfstoffe und dem Ausbau der Produktion geschehen. Schon Ende Januar könnte das Mittel von AstraZeneca für den europäischen Markt genehmigt werden. Kommissionsvize Margaritis Schinas sieht ein baldiges Ende der Knappheit an Impfstoffen: „Am Ende des ersten Quartals wird Europa eine beeindruckende Menge von Dosen haben.“

Bereits bis März soll ein erstes Impfziel erreicht sein: 80 Prozent der Menschen über 80 Jahre und des Medizin- und Pflegepersonals. Die Frist für das zweite Ziel – 70 Prozent der Erwachsenen – ist recht weich: Sommer sei die Zeit von Juni bis Ende August, sagte Schinas auf Nachfragen.

Zugleich warnte die Brüsseler Behörde dringend vor mindestens drei neuen, besonders ansteckenden Virusmutationen. „Wenn wir jetzt nicht entschlossen handeln, können wir das Risiko einer möglicherweise noch härteren dritten Infektionswelle womöglich nicht mehr eindämmen“, sagte Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides.

Schon jetzt sind in der EU im Zusammenhang mit dem Coronavirus mehr als 400.000 Menschen gestorben. Die Kommission machte ihre neuen Vorschläge vor einem EU-Videogipfel am Donnerstag, bei der die EU-Staats- und Regierungschefs erneut das gemeinsame Vorgehen beraten wollen. Topthema ist die Beschleunigung der Impfkampagne.

Daneben soll es beim Videogipfel auch um einen gemeinsamen Impfpass und mögliche Privilegien für Geimpfte gehen. Die Kommission plädiert für ein gemeinsames Impfzertifikat und eine Einigung der EU-Staaten bis Ende Januar. So könnten die Zertifikate rasch nutzbar werden „in den Gesundheitssystemen in der EU und darüber hinaus“.

Aus dem Impfdokument soll erkennbar sein, wer wann in welchem EU-Staat welchen Impfstoff bekommen hat, auch um etwaige Nebenwirkungen zurückzuverfolgen. Ob Geimpfte Vorteile genießen – zum Beispiel Zugang zu Restaurants und Kinos oder erleichterte Urlaubsreisen – ist in den EU-Staaten allerdings umstritten.

Mit Blick auf die neuen Virusmutationen drängt die Kommission die Mitgliedstaaten, mehr Virusproben genauer zu untersuchen. Nötig ist dafür die sogenannte Genom-Sequenzierung. Die EU-Staaten sollten mindestens fünf, besser zehn Prozent der positiven Testergebnisse sequenzieren. Bisher seien es vielerorts weniger als 1 Prozent. „Wenn wir nicht testen und sequenzieren, sind wir blind“, sagte Kyriakides.

Zugleich mahnt die Kommission, durch Distanz- und Hygieneauflage vor allem beim Reisen die Übertragung des Virus zu verhindern. Von allen nicht notwendigen Reisen solle dringend abgeraten werden. Reisebeschränkungen und Testpflichten befürwortet die Kommission, Grenzschließungen lehnt sie hingegen ab.