Erbschaftssteuer

Große Apotheken müssen groß bleiben Alexander Müller, 07.07.2015 12:16 Uhr

Berlin - 

Apothekerfamilien können aufatmen: Die Große Koalition plant keine starke Verschärfung des Erbschaftsteuerrechts. Firmenerben sollen nach einer Übereinkunft von Spitzenvertetern der Regierungsfraktionen und des Bundesfinanzministeriums (BMF) auch künftig bei der Besteuerung verschont werden. Allerdings müssen künftig auch Apothekenerben nachweisen, dass sie das Personal halten – größere mehr als kleinere.

Seit 2009 gibt es Steuervergünstigungen für den Betriebsübergang: 85 Prozent des geerbten Betriebsvermögens werden nicht besteuert, wenn das Unternehmen mindestens fünf Jahre weitergeführt wird. Zudem darf die Gesamtlohnsumme nicht um mehr als 20 Prozent verringert werden. Bleiben alle Arbeitsplätze in vollem Umfang sieben Jahre lang erhalten, kann der Erbe des Betriebes sogar komplett von der Steuer befreit werden.

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hatte die umfassende Steuerbefreiung im Dezember verworfen und dem Gesetzgeber eine Änderung des Steuerrechts bis Juni 2016 aufgetragen. Aus Sicht der Karlsruher Richter ist die Freistellung von Betrieben mit bis zu 20 Beschäftigten unverhältnismäßig. Diese können bislang auch von Steuervorteilen profitieren, ohne die Mindestlohnsumme zu belegen. Von diesem Nachweis wurden sie mit Blick auf den vermeintlichen hohen Aufwand befreit.

Nach den Plänen der Koalition bleibt die Steuerbefreiung bestehen, insofern können die Apotheken aufatmen. Den Nachweise für die Personalentwicklung müssen künftig aber alle Betriebe mit mehr als drei Mitarbeitern erbringen – also auch die allermeisten Apotheken. Nur Kleinstbetriebe bleiben von der Nachweispflicht befreit.

In den ersten fünf Jahren nach Betriebsübergang muss die Grundlohnsumme mindestens 250 Prozent betragen. Das heißt, im Mittel muss die Belegschaft in diesem Zeitraum mehr als halb so groß sein wie zum Zeitpunkt der Übergabe. Diese Regelung soll für Unternehmen mit bis zu zehn Mitarbeitern gelten. Apothekenerben dürfen demnach nicht massiv Personal abbauen, sonst müssen sie das Erbe nachträglich versteuern.

Erst ab elf Mitarbeitern müssen 400 Prozent der Lohnsumme in den ersten fünf Jahren erhalten bleiben. Hier muss also 80 Prozent der Belegschaft behalten werden. Davon sind auch größere Apotheken betroffen. Filialverbünde zählen dabei als ein Unternehmen, Teilzeitstellen als volle Mitarbeiter. Die Koalition sieht offenbar eine weitere Abstufung für Unternehmen mit 11 bis 15 Mitarbeitern vor.

Die bisherige Privilegierung war aus Sicht des BVerfG übertrieben. Der mit der Kontrolle der Mindestlohnsumme verbundene Verwaltungsaufwand sei nicht so hoch wie teilweise geltend gemacht, heißt es im Urteil. Betriebe mit Arbeitnehmern müssten unabhängig von Verpflichtungen aus dem Erbschaftssteuerrecht aus arbeits-, ertragsteuer- und sozialversicherungsrechtlichen Gründen eine Lohnbuchhaltung führen.

Von einer Verschonungsregelung kann aus Sicht der Karlsruher Richter schon keine Rede sein, da mehr als 90 Prozent aller Betriebe befreit wären. „Betriebe können danach fast flächendeckend den Verschonungsabschlag ohne Rücksicht auf die Erhaltung von Arbeitsplätzen beanspruchen“, hieß es in der Begründung. Ein Nachweis der Entwicklung der Lohnsummen dürfte danach auch kleineren Unternehmen ohne größeren zusätzlichen Aufwand möglich und damit zumutbar sein.

Bis Mitte 2016 sollte der Gesetzgeber nachbessern. Wie von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) schon im Dezember angekündigt, wird die Regierung diese Frist nicht voll ausschöpfen. Nach der Einigung in der Koalitionsspitze kann Schäuble seinen Entwurf am Mittwoch ins Kabinett einbringen.

Medienberichten zufolge soll darin außerdem die Freigrenze bis zu einer „Bedürfnisprüfung“ auf 26 Millionen Euro je Erbfall angehoben werden – statt der zunächst geplanten 20 Millionen Euro. Bei Familienunternehmen mit hoher Kapitalbindungen – etwa Maschinen – soll die Schwelle bei 52 Millionen Euro liegen.