Porträt

Der neue IQWiG-Chef Désirée Kietzmann, 03.06.2010 19:11 Uhr

Berlin - 

Wer das Wort „evidenzbasiert“ auf der Internetseite des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) sucht, wird 265 mal fündig. Das Institut hat es sich zur Aufgabe gemacht, Bewertungen zu erstellen, die sich am jeweils besten wissenschaftlichen Kenntnisstand orientieren und damit „beweisgestützt“ sind. Wer wäre also besser als Sawicki-Nachfolger geeignet gewesen als Professor Dr. Jürgen Windeler, ein langjähriger Anhänger der Evidenz-basierten Medizin (EbM)?

Bereits in seiner Doktorarbeit ging der Mediziner der Frage nach, ob es für den damals üblichen Hämokulttest zur Darmkrebsfrüherkennung überhaupt wissenschaftliche Wirksamkeitsbelege gibt. Windeler beschäftigte sich damit bereits mit Fragen der EbM, bevor dieser Begriff in Deutschland überhaupt bekannt war. In seiner Dissertation kam er zu dem Schluss: kein Nutzen. Ein Urteil, dass auch Professor Dr. Peter Sawicki oft bei der Bewertung von Arzneimitteln fällte.

Seit November 1999 leitete Windeler den Fachbereich EbM beim Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDS). Unter seiner Führung wurden systematische wissenschaftliche Bewertungen zum Beispiel zu Antidementiva, zu verschiedenen Screening-Verfahren sowie zur intra-koronaren Brachytherapie erstellt.

Mit Windeler geht die IQWiG-Leitung zum 1. September an den Wunschkandidaten der Krankenkassen. Der derzeitige leitende Arzt des MDS kommt nicht nur aus ihrer Spitzenorganisation, er gilt auch als ähnlich pharmakritisch wie sein Vorgänger. Zugeständnisse an die Industrie sind damit auch von neuen Chef-Kosten-Nutzen-Bewerter kaum zu erwarten.

Der Mediziner war im Laufe seiner Karriere in zahlreichen Gremien der Ministerien, der Wissenschaften und der Versorgungsforschung tätig. Windeler ist zudem Mitglied der Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften (GWUP), der etwa 870 Wissenschaftler und wissenschaftlich Interessierte angehören.

Sie bezeichnen sich selbst als „die Skeptiker“ und setzen sich die sorgfältige Untersuchung parawissenschaftlicher Behauptungen und die Popularisierung von wissenschaftlichen Methoden und Erkenntnissen ein. Beste Voraussetzungen also für den Posten des Chef-Bewerters von Arzneimitteln.