Lieferengpässe

BPI kontert GKV-Gutachten APOTHEKE ADHOC, 10.02.2020 15:10 Uhr

„An der Realität vorbei“: Dr. Kai Joachimsen weist die Behauptung, Rabattverträge führten nicht zu Engpässen, zurück. Foto: BPI
Berlin - 

„Die Aussage des GKV-Spitzenverbandes, Arzneimittellieferengpässe ließen sich nicht Rabattverträgen anlasten, geht an der Realität vorbei“, sagt Dr. Kai Joachimsen, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Pharmazeutischen Industrie (BPI).

Das liege vermutlich daran, dass in dem zitierten Gutachten nur sieben Wirkstoffe in unterschiedlichen Ländern untersucht wurden. „Betrachtet man das Problem tiefgehender und mit dem Fokus auf Deutschland, dann wird das Gegenteil deutlich: Nach der Scharfschaltung der Arzneimittel-Rabattverträge im Jahr 2007 ist im rabattvertragsgeregelten Markt eine Marktkonzentration eingetreten, die die Arzneimittelversorgung massiv beeinträchtigt.“

Bereits im März 2019 habe ein umfangreiches Rechtsgutachten „Zehn Jahre Arzneimittel-Rabattverträge“ dies nachgewiesen. Verantwortlich dafür seien politisch hausgemachte Rahmenbedingungen, bei denen immer weniger Anbieter auf noch weniger Wirkstoffhersteller zurückgreifen müssten, weil die großen Kassen durch ihre Marktmacht den Preis beeinflussten. „Der ohnehin starke globale Kostendruck durch zunehmende und kostenintensive regulatorische Auflagen sowie deutlich gestiegene Rohstoff, Energie- und Personalkosten wird durch ausufernde und zunehmend exklusive Rabattverträge der Krankenkassen noch zusätzlich verstärkt. Steigende Anforderungen und gedeckelte oder sinkende Erträge führen dann dazu, dass viele Anbieter nicht mehr auskömmlich wirtschaften können. Im Ergebnis sinkt die Vielfalt und Zahl der Hersteller, welche im Falle von Lieferengpässen die fehlenden Kapazitäten ausgleichen könnten. Dies ist objektiv messbar und auch marktwirtschaftlich logisch“, so Joachimsen.

„Ich glaube nicht, dass wir über kurz oder lang darum herumkommen, die Rabattverträge umzugestalten und das Risiko von Lieferausfällen auf verschiedene Schultern zu verteilen. Das wissen auch viele Gesundheits- und Wirtschaftspolitiker in Berlin.“ Verschärfte Melde- oder Lagerpflichten seien gut gemeint, verhinderten aber keinen Lieferengpass. „Viel wichtiger, weil nachhaltiger, ist es, die Anbietervielfalt zu stärken und Produktion in Europa zu fördern. Die letzten Jahre haben gezeigt, dass die Arzneimittelversorgung gefährdet ist, wenn man aufgrund einer extremen Marktverengung nicht auf andere Anbieter ausweichen kann. Davon können nicht nur Hersteller, sondern auch Apotheker ein Lied singen.“