BGH: Payback-Boni nicht mehr als 1 Euro 17.07.2025 11:13 Uhr
Gutschriften von Payback-Punkten im Gesamtwert von mehr als 1 Euro sind unzulässig. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) in Bezug auf den Kauf von Hörgeräten entschieden. Dabei verteidigten die Richter die Geringwertigkeitsgrenze. Die Entscheidung könnte auch für Apotheken relevant sein, die ebenfalls Payback anbieten.
Payback hat sich im Einzelhandel etabliert. Doch wo liegt die Grenze für Gutschriften? Der unter anderem für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des BGH entschied jetzt, dass die Wertgrenze für geringwertige Kleinigkeiten bei der Publikumswerbung mit Werbegaben für Medizinprodukte bei 1 Euro zu ziehen ist.
Konkret ging es um den Fall der Hörakustikerkette Amplifon. Das Unternehmen hatte im Zusammenhang mit Payback pro Euro Umsatz einen Punkt mit einem Gegenwert von einem Cent gutgeschrieben. Da der Eigenanteil regelmäßig zwischen 100 und 4500 Euro liegt, konnten erkleckliche Rückvergütungen zusammenkommen. Die Wettbewerbszentrale hatte daher geklagt, das Landgericht Hamburg hatte die Auffassung vertreten, dass es sich um Unternehmenswerbung für ein Kundenbindungssystem handelt und nicht um produktbezogene Werbung.
Das Hanseatische Oberlandesgericht (OLG) untersagte die Werbung zwar in zweiter Instanz, legte nebenbei allerdings die Messlatte für Zuwendungen deutlich höher: Bis zu einem Gesamtwert von 5 Euro seien Gutschriften zulässig. Einerseits lasse sich die Rechtssprechung im Bereich preisgebundener Arzneimittel geltende Wertgrenze von einem Euro nicht auf den Fall einer Publikumswerbung für nicht-preisgebundene Heilmittel, insbesondere Medizinprodukte, übertragen, da hier ein Preiswettbewerb möglich sei. Andererseits müsse die „allgemeine Preissteigerung“ beachtet werden. Die zu verhindernde Lenkungswirkung sei daher „erst bei einem Wert von mehr als 5,00 Euro zu befürchten“.
Keine Beeinflussung
Beide Parteien legten Revision ein – die Wettbewerbszentrale hatte Erfolg. Bei den „geringwertigen Kleinigkeiten“ müsse der Wert so niedrig sein, dass er keinen Einfluss auf die Kaufentscheidung habe, sagte der Vorsitzende Richter bei der Verkündung. Es sei der „bloße Ausdruck der allgemeinen Kundenzufriedenheit“. Daher habe der BGH die Grenze schon bei einem Euro gezogen.
Bei der Werbung für Heilmittel ist das Anbieten, Ankündigen und Gewähren von Werbegaben nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Heilmittelwerbegesetzes (HWG) verboten. Für die beanstandete Werbemaßnahme gelte keine Ausnahme. Bei der Gutschrift von Payback-Punkten handele es sich nicht um eine Werbegabe, die im Sinn des HWG in einem bestimmten oder auf bestimmte Art zu berechnenden Geldbetrag gewährt wird. „Dieser Ausnahmetatbestand erfasst allein unmittelbar wirkende Preisnachlässe und Zahlungen, nicht aber Werbegaben, die – wie die mit der angegriffenen Werbung beworbene Gutschrift von Payback-Punkten – erst im Rahmen von Folgetransaktionen realisiert werden können.“
Eine hohe Payback-Gutschrift kann laut BGH die Kaufentscheidung beeinflussen: Derlei Werbegaben begründeten im Gegensatz zu zulässigen Barrabatten die Gefahr einer unsachlichen Motivation des Erstkaufs von Heilmitteln, weil nicht mit einer Preisreduktion für das gewünschte Heilmittel, sondern mit einem Vorteil beim Erwerb anderer Waren geworben werde, der in keinerlei Zusammenhang mit dem Erwerb des Heilmittels stehe.
Geringwertige Kleinigkeit
„Solche Werbegaben sind daher nur als geringwertige Kleinigkeiten im Sinn der Ausnahmeregelung des § 7 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 Nr. 1 Halbsatz 1 Fall 2 HWG zulässig, deren Voraussetzungen hier jedoch nicht vorliegen.“ Unter den Begriff der geringwertigen Kleinigkeit fielen allein Gegenstände von so geringem Wert, dass eine relevante unsachliche Beeinflussung der Werbeadressaten als ausgeschlossen erscheine. Bei der Beurteilung, ob eine geringwertige Kleinigkeit vorliege, sei nicht auf den einzelnen Payback-Punkt, sondern auf die Summe der für den Kauf jedes einzelnen Medizinprodukts gewährten Punktes abzustellen.
„Unter Berücksichtigung der leichteren Beeinflussbarkeit der Werbeadressaten bei einer Publikumswerbung im Vergleich zur Fachkreiswerbung sowie des Umstands, dass die unterschiedliche Ausgestaltung von Werbegaben den Preisvergleich bei nicht preisgebundenen Arzneimitteln und Medizinprodukten für die Verbraucherinnen und Verbraucher erschwert, ist die insoweit maßgebliche Wertgrenze entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht erst bei 5 Euro, sondern bereits bei 1 Euro zu ziehen.