Sterilrezepturen

BGH definiert Herstellbegriff Karoline Schumbach, 17.10.2012 15:41 Uhr

Keine Rezeptur: Zytostatika-Zubereitungen sind laut Bundesgerichtshof keine neu hergestellten Arzneimittel. Foto: APOTHEKE ADHOC
Berlin - 

Bei der Herstellung von Zytostatika-Zubereitungen handelt es sich nicht um die Anfertigung einer Rezeptur. Dies hatte Anfang September der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe entschieden. In den jetzt vorliegenden Urteilsgründen führen die Richter aus, dass das Arzneimittel lediglich in eine anwendbare Darreichungsform gebracht werde – eine so genannte Rekonstitution.

Die Abgrenzung zwischen Rezeptur und Rekonstitution liegt dem BGH zufolge im Herstellungsprozess: Entscheidend ist demnach, wo welche Herstellungstätigkeit erfolgt und wo der Schwerpunkt insgesamt liegt. Nicht jeder denkbare Herstellungsschritt führe zur Entstehung eines neuen Arzneimittels, so die Richter.

Bei Zytostatika-Lösungen werde die arzneiliche Wirkung nicht verändert, heißt es im Urteil. Es handele sich damit nicht um ein neues Arzneimittel, da das Präparat durch die Verarbeitung „überhaupt erst an den Patienten herangetragen“ werden könne. Zytostatika-Zubereitungen seien keine Rezepturen, entsprechd könne auch die Zulassungspflicht nicht entfallen.

Die BGH-Richter stellten beim Begriff des „Herstellens“ zudem auf die Arzneimittelsicherheit ab: Denn würden nicht zugelassene Arzneimittel durch bloßes Umfüllen oder Abpacken zur zulassungsfreien Apothekenrezeptur werden, könnte eine Sicherheitslücke entstehen. Somit könnten sogar nicht zugelassene Arzneimittel oder widerrufene Arzneimittel umdeklariert werden, so die Richter.

Ein Apotheker hatte 2006 und 2007 Zytostatika-Lösungen mit dem importierten Präparat „733Gemzar1000“ hergestellt – abgerechnet hatte er allerdings den in Deutschland gültigen Preis. Knapp 60.000 Euro soll der Apotheker gespart haben. Den Kassen ist laut Staatsanwaltschaft ein Schaden von rund 340.000 Euro entstanden.

Dem BGH zufolge hat der Apotheker ein nicht zugelassenes Arzneimittel angewendet. Dies sei nach dem Sozialgesetzbuch nicht erstattungsfähig. Auch bei der Rechnungsstellung gegenüber Privatversicherten sei so ein „tatsächlich nicht existenter Kaufpreisanspruch geltend gemacht“ worden, so die Richter.