Rezepturen gegen Engpässe

Beirat: Standardzulassung statt Defektur Hanna Meiertöns, 27.01.2023 11:05 Uhr

Für die Herstellung von Paracetamol-Zäpfchen für Kinder gibt es Standardzulassungen. Foto: Cuhle-Fotos/Shutterstock.com
Berlin - 

Aufgrund der Lieferengpässe prüft das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) weitere Maßnahmen zur Verbesserung der Versorgungssituation mit wichtigen Arzneimitteln. Eigentlich warten die Apotheken seit Monaten auf Ausnahmeregelungen für die Defekturherstellung, jetzt werden allerdings die Standardzulassungen ins Visier genommen.

Eine Standardzulassung kann für Arzneimittel angewendet werden, die vom im Arzneimittelgesetz (AMG) vorgeschriebenen Verfahren freigestellt sind. Dadurch können Apotheken Fertigarzneimittel herstellen, ohne ein Zulassungsverfahren durchlaufen oder die Kriterien für eine Defekturherstellung erfüllen zu müssen. Beispiele für Standardzulassungen sind neben arzneilich wirksamen Tees auch Paracetamol-Zäpfchen. Fiebersäfte zählen nicht dazu.

Das Problem: Will eine Apotheke eine Standardzulassung nutzen, muss sie eine saftige Gebühr zahlen. Entsprechend war die Möglichkeit in der Vergangenheit für Hausspezialitäten interessant, nicht aber zur Überbrückung von Engpässen. Nach der aktuellen Beiratssitzung prüft das BfArM daher jetzt eine mögliche Aussetzung der Gebühren für bestimmte Standardzulassungen. „In der Diskussion stehen hier vornehmlich die Standardzulassungen für Paracetamol-Zäpfchen, aber auch Glycerol-Zäpfchen sowie Elektrolytzubereitungen zur oralen Anwendung.“

Nutzung ist melde- und gebührenpflichtig

Die Herstellung von Arzneimitteln auf der Grundlage einer Standardzulassung ist seit 2010 melde- und gebührenpflichtig. Eine Erstanzeige der Nutzung einer Standardzulassung in Bezug auf eine aktuell gültige Standardzulassungs-Monographie nach § 67 Abs. 5 AMG ist laut BfArM mit 100 Euro zu berechnen. Ausnahmen bei Apotheken betreffen Arzneitees, Ethanolmischungen, 2-Propanolmischungen, Natriumchlorid-Trägerlösung und Wasserstoffperoxid-Lösung, diesen werden mit 25 Euro je Erstanzeige der Nutzung berechnet. Auch Änderungen oder der Verzicht auf die Nutzung einer Standardzulassung müssen beim BfArM angezeigt werden. Pro Meldung können Gebühren in Höhe von bis zu 100 Euro anfallen.

Defektur ist Gesetz

Besonders die Elektrolytzubereitungen und Paracetamol-Zäpfchen für Kinder sind aktuell von den Lieferengpässen betroffen, hier bietet sich die geplante Neuregelung an. Da für Fiebersäfte keine Standardzulassungen existieren, lässt sich das Problem bei ihnen auf diese Weise dagegen nicht lösen. Hier müsste das Bundesgesundheitsministerium (BMG) aktiv werden und die gesetzlichen Vorgaben für die Defekturherstellung ändern.

Ein Defekturarzneimittel ist gemäß Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) „ein Arzneimittel, das im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs im Voraus an einem Tag in bis zu 100 abgabefertigen Packungen oder in einer diesen entsprechenden Menge hergestellt wird“. Laut § 21 Arzneimittelgesetz (AMG) bedarf es be der Herstellung auf Vorrat keiner Zulassung, wenn das Produkt zur Anwendung beim Menschen bestimmt ist und aufgrund einer „nachweislich häufigen ärztlichen oder zahnärztlichen Verschreibung“ erfolgt.

Beirat oder BfArM können diese gesetzliche Vorgabe nicht aufheben, vielfach drücken die Kammern und Pharmazieräte derzeit ein Auge zu. Jeden Saft erst bei Vorlage eines Rezeptes einzeln herzustellen, ist keine Lösung.

Einschränkung des Direktvertriebs

Außerdem wird laut Beirat derzeit geprüft, „inwieweit Wirkstoffe zur Herstellung von Antibiotikasäften im Rahmen der Eigenherstellung, insbesondere für Kliniken zur Verfügung stehen“.

Auch sei in der Diskussion, „ob eine angeordnete Einschränkung der Vertriebswege auf den vollversorgenden Großhandel die flächendeckende Verteilung der Antibiotika und Fieberpräparate unterstützen kann.“ Zuletzt hatten Hersteller die Belieferung über den direkten Vertriebsweg angekündigt.