Monopolkommission

Becker: „Realitätsferne Weltideen“ APOTHEKE ADHOC, 10.12.2018 15:21 Uhr

Berlin - 

In einem neuen „Policy Brief“ hat die Monopolkommission ihre Vorschläge zum Preiswettbewerb zwischen Apotheken wiederholt. Die Monopolkommission schlägt demnach vor, die festgesetzten Apothekenpreise freizugeben, sodass Apotheken künftig Rabatte auf die Medikamentenpreise geben können. DAV-Chef Fritz Becker weist diese Vorschläge als „realitätsferne Weltideen“ zurück.

Die Monopolkommission fordere wieder mal eine unkontrollierte Liberalisierung der Apothekenlandschaft und tue so, als ginge es um eine x-beliebige Einzelhandelsbranche mit x-beliebigen Gütern. „Diese Forderung wird auch durch ständige Wiederholung nicht sinnvoll. Die Arzneimittelversorgung ist integraler Bestandteil eines aus gutem Grund regulierten Gesundheitswesens. Sie ist Pfeiler der Daseinsvorsorge und Sozialpolitik für die Menschen in Deutschland“, so Becker.

Die Vorschläge der Monopolkommission bedeuteten, dass Apotheken sich mit Rabatten unterbieten sollten, die höher seien als ihre Einnahmen. Becker: „Wie man so eine flächendeckende Versorgung hinbekommen will, ist mir schleierhaft. Die Vorschläge bedeuten auch, dass sich ein Stadt-Land-Gefälle ergeben würde, bei dem Patienten in Vororten und auf Dörfern zukünftig mehr für ihre Gesundheit bezahlen müssen als Menschen in Ballungszentren. Das widerspricht komplett dem Solidargedanken der gesetzlichen Krankenversicherung.“ Darüber hinaus werde der Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln als Lösung für ein Problem gepriesen, das ohne den Versandhandel gar nicht entstünde. Dabei habe die Monopolkommission selbst in ihrem Hauptgutachten erst jüngst davor gewarnt, dass ausgeklügelte Algorithmen bei der Preisgestaltung von Online-Angeboten Verbraucher immer öfter in Situationen bringen, in denen sie draufzahlen.

„Mit solchen realitätsfernen Weltideen kommen wir nicht weiter. Wir brauchen eine seriöse Diskussion um die Sicherung der flächendeckenden Arzneimittelversorgung. Vom Bundesgesundheitsminister erhoffen sich die Apotheker deshalb konkrete und praktikable Vorschläge, die die Versorgung tatsächlich verbessern und zugleich auch jungen Apothekern eine echte Perspektive geben“, so Becker mit Blick auf die morgige Mitgliederversammlung der ABDA.

„Es sollte allen Apotheken freigestellt werden, den Patienten einen Rabatt bis maximal in Höhe der Zuzahlung gesetzlicher Versicherter zu gewähren“, schreibt das Gremium in dem „Policy Brief“. „Dies würde eine Zunahme des Wettbewerbs zwischen Apotheken auslösen, die neben der Servicequalität dann auch über den Preis konkurrieren.“ Die Experten wollen so einen Preiswettbewerb zwischen den Apotheken entfachen in der Hoffnung, dass dieser dafür sorgen wird, dass künftig weniger Geld bei den Pharmazeuten hängen bleibt und gleichzeitig die Versorgung im ländlichen Raum gewährleistet bleibt.

Die Monopolkommission erwartet, dass der Preiswettbewerb vor allem dort stattfinden wird, wo viele Apotheken auf engem Raum um Patienten konkurrieren. „Rabatte würden daher vor allem Apotheken in Städten und dicht besiedelten Regionen betreffen, während auf dem Land die Konkurrenz geringer ist, da hier einzelne Apotheken oft große Regionen versorgen.“

„Die Preisbindung bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln trägt den regional unterschiedlichen Anforderungen an die Apothekenversorgung nicht angemessen Rechnung. Apotheken sollte es erlaubt werden, auf die regulierten Preise Rabatte bis zur Höhe der Zuzahlung gesetzlich Versicherter zu gewähren. Zielgenaue zusätzliche Maßnahmen können, falls notwendig, die lokale Versorgung sichern. Der Versandhandel für verschreibungspflichtige Arzneimittel trägt zur Versorgungssicherung bei und sollte beibehalten werden“, lauten die drei Kernthesen. Spahn habe auf dem Deutschen Apothekertag im Oktober angekündigt, die aktuell drängenden Fragen der Arzneimitteldistribution in den politischen Fokus zu rücken. „Die Monopolkommission empfiehlt eine Reform des Vergütungssystems“, heißt es in der Einleitung. Vor dem Hintergrund, dass die Versorgung in dünn besiedelten Regionen heute bereits Probleme aufweise, zeige sich, dass das bestehende Vergütungssystem einer Überarbeitung bedürfe, um die lokalen Anforderungen besser abzubilden.

Im Ergebnis führten die einheitlichen Preise laut Monopolkommission dazu, dass die Anzahl an Apotheken in einer Region besonders stark an die Besiedlungsdichte geknüpft ist. Eine flächendeckende Versorgung erfordere es, dass in dünn besiedelten Regionen Deutschlands ebenfalls der Zugang zu Arzneimitteln ermöglicht werde. „Um im heutigen Vergütungssystem solchen regionalen Anforderungen nachzukommen und mögliche Versorgungslücken wirksam zu schließen, bleibt dem Gesetzgeber nur die Möglichkeit, die einheitlichen Vergütungssätze anzuheben“, so die Kommission.

Notwendig wäre dafür ein Vergütungsniveau, bei dem auch die am wenigsten profitable (Land-)Apotheke, die gerade noch benötigt werde, um die Versorgungsziele zu erreichen, auskömmlich finanziert sei. Im Rahmen der heutigen Einheitsvergütung pro Rezept käme eine höhere Vergütung jedoch überproportional den Apotheken in dicht besiedelten Regionen zugute. Da hier jedoch kein Bedarf bestehe, die Apothekenzahl weiter zu erhöhen, bestünde die Gefahr, gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 12 SGB V zu verstoßen.

Als Lösung schlägt die Monopolkommission die Einführung eines variablen Teils in der Vergütung vor, den die Apotheken im Wettbewerb miteinander festlegen können: „Um dies umzusetzen, könnte zunächst die nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs bisher nur für ausländische Versandapotheken geltende Möglichkeit, Rabatte auf den Preis beziehungsweise den Zuzahlungsbeitrag zu gewähren, allen inländischen Apotheken eröffnet werden. Dies würde eine Zunahme des Wettbewerbs zwischen Apotheken auslösen, die neben der Servicequalität dann auch über den Preis konkurrieren.“