Kein Nachweis über Zusammenhang zu Lungenembolie

Bayer gewinnt Yasminelle-Prozess APOTHEKE ADHOC/ dpa, 25.06.2021 10:42 Uhr aktualisiert am 25.06.2021 11:13 Uhr

Kein Nachweis gelungen: Eine 37-Jährige unterlag vor Gericht mit ihrer Klage gegen Bayer wegen einer angeblichen Lungenembolie durch die Anti-Baby-Pille Yasminelle. Foto: APOTHEKE ADHOC
Berlin - 

Im Prozess um angeblich lebensgefährliche Nebenwirkungen durch die Verhütungspille „Yasminelle“ hat eine 37 Jahre alte Frau erneut eine Niederlage erlitten. Die Freiburger Außenstelle des Oberlandesgerichts (OLG) Karlsruhe wies am Freitag ihre Berufungsklage gegen den Pharmavertreiber Bayer Vital GmbH auf Schadenersatz ab.

Ihr sei nicht der Nachweis gelungen, dass die Einnahme des Präparates Ursache für ihren lebensgefährlichen Zusammenbruch vor zwölf Jahren war. Ein Revision ließ das OLG nicht zu. Die 37-Jährige hatte im Juli 2009 eine beidseitige Lungenembolie sowie einen Kreislaufzusammenbruch mit Herzstillstand erlitten und war daran fast gestorben. Sie führt das auf die Einnahme des Medikaments mit seinem Wirkstoff Drospirenon zurück. Bis heute leidet sie eigenen Angaben zufolge an den körperlichen und psychischen Folgen. Die Bayer Vital GmbH hatte die Ansprüche der Frau stets zurückgewiesen. Auch die Vorinstanz, das Landgericht Waldshut-Tiengen, hatte die Klage 2018 abgewiesen. Dagegen hatte die 37-Jährige Berufung vor dem OLG eingelegt – vergeblich.

Der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe hat die Berufung nun zurückgewiesen. Die Klage sei gescheitert, weil der 37-Jährigen auch in zweiter Instanz nicht der Nachweis gelungen sei, dass die Einnahme von Yasminelle eine (Mit-)Ursache für die von ihr erlittene Thromboembolie war, so das Gericht.

Nach umfassender Anhörung des bereits erstinstanzlich angehörten medizinischen Sachverständigen habe der Senat berücksichtigt, dass 40 Prozent aller Thrombosen idiopathisch, also ohne derzeit erkennbare Ursache auftreten. Es lasse sich daher nicht mit der notwendigen Sicherheit feststellen, dass die Klägerin keine Thromboembolie erlitten hätte, wenn man die Einnahme des Verhütungsmittels hinwegdenkt.

Zu Gunsten von Bayer sei auch keine gesetzliche Ursächlichkeitsvermutung im Sinne des Arzniemittelgesetzes (AMG) zur Anwendung gekommen. Yasminelle sei zwar geeignet, eine venöse Thromboembolie auszulösen, im Fall der Klägerin seien im Jahr 2009 aber auch andere Umstände nach den Gegebenheiten des Einzelfalls geeignet gewesen, den Schaden zu verursachen. Das seien in erster Linie von der Klägerin im März 2009 unternommene Langstreckenflüge, die geeignet waren, eine Reisethrombose auszulösen. Bei der Reisethrombose handelt es sich um ein medizinisch international anerkanntes Krankheitsbild. Erste Thrombosesymptome sind bei der Klägerin drei Wochen nach den Flügen aufgetreten, was nach den Darstellungen des angehörten Sachverständigen vom Zeitablauf „klassisch“ für eine Reisethrombose ist.

Zwar könne nicht festgestellt werden, wo im Körper sich die Thrombose zuerst gebildet hatte. Nach Einschätzung des Sachverständigen sind aber letztlich alle denkbaren Entstehungsorte mit einer Reisethrombose vereinbar. Der Senat ist daher zu der Überzeugung gelangt, dass die Langstreckenflüge für sich genommen als alleinige Ursache für die von der Klägerin erlittene Thromboembolie konkret in Betracht kommen. Das gelte umso mehr, als bei der Klägerin eine angeborene Venenanomalie vorliege, die einen weiteren zumindest unselbständigen Risikoerhöhungsfaktor darstellt. Die Anomalie sei zwar nicht für sich allein genommen, wohl aber im Zusammenwirken mit den Langstreckenflügen konkret geeignet gewesen, die Thromboembolie zu verursachen.

Da die Klage bereits aus diesem Grund abgewiesen wurde, musste der Senat nicht aufklären, ob die weiteren Voraussetzungen einer Haftung der Beklagten nach § 84 AMG vorliegen. Die Frage, ob das mit der Einnahme verbundene Thromboserisiko über das nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbare Maß hinausgeht oder der Schaden infolge einer nicht den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft entsprechenden Kennzeichnung, Fachinformation oder Gebrauchsinformation eingetreten ist, war daher gar nicht Gegenstand der Entscheidung. Revision wurde nicht zugelassen, eine Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundesgerichtshof ist allerings innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils möglich.