Von Gynäkologen bis Nephrologen

Auch Fachärzte gegen Impfungen in Apotheken Patrick Hollstein, 19.10.2022 11:12 Uhr

Die Ärzteverbände in Niedersachsen sind gegen Impfungen in Apotheken. Foto: APOTHEKE ADHOC
Berlin - 

Grippeimpfungen sind primär eine Sache der Hausärzte und Pneumologen, sollte man meinen. Doch in Niedersachsen hat die Kassenärztliche Vereinigung (KV) auch die Facharztverbände zum Protest versammelt. „Impfungen sind und bleiben originär ärztliche Aufgabe“, hieß es auf einer gemeinsamen Sitzung in Hannover.

„Die Durchführung von Impfungen ist eine ganz zentrale ärztliche Leistung. Die niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen impfen seit Jahren mit hoher Kompetenz. Das beweisen sie Jahr für Jahr beispielsweise in der Influenzasaison und nicht erst seit der Corona-Pandemie. Wir brauchen keine zusätzlichen Impfkapazitäten in Apotheken“, sagte KV-Vize Dr. Jörg Berling. „In der vergangenen Grippesaison haben die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte rund 1,5 Millionen Grippeimpfungen durchgeführt. Seit Beginn der Corona-Impfkampagne sind in Niedersachsen allein fast 9,7 Millionen Impfungen gegen Covid-19 in Arztpraxen vorgenommen worden. Das zeigt deutlich, dass die Bürgerinnen und Bürger vor allem der ärztlichen Kompetenz vertrauen.“

„Das Impfen in Apotheken ist die Antwort auf eine Frage, die niemand gestellt hat“, kritisierte der Vorsitzende des Hausärzteverbandes Niedersachsen, Dr. Matthias Berndt. „Alle bisherigen Versuche, das Impfen in Apotheken zu etablieren, haben nicht funktioniert. Trotzdem versuchen Apothekerverbände und Politik immer wieder, mittels starker Lobbyarbeit Impfangebote in Apotheken zu etablieren. Die Zersplitterung von Verantwortung wird zu einer schlechteren Versorgung der Menschen in Niedersachsen führen.“

Auch Internisten, ...

Der Vorsitzende des Berufsverbandes der Internisten in Niedersachsen, Dr. Thomas Schmidt, machte darauf aufmerksam, dass das Impfen ja nicht nur einen Piks in den Arm beinhaltet. „Die Grippeimpfung umfasst die Impfanamnese, die Aufklärung zur Impfung, den Ausschluss von akuten Erkrankungen und Kontraindikationen sowie bei bestehenden Erkrankungen die Bewertung, ob eine Impfung durchgeführt werden kann. All dies setzt eine entsprechende ärztliche Aus- und Weiterbildung voraus, über die Apothekerinnen und Apotheker nicht verfügen.“

Gynäkologen, ...

„Es geht immer auch um Indikation und Kontraindikation und somit um die Sicherheit der Patientinnen und Patienten“, betonte Dr. Christian Albring, Vorsitzender des Berufsverbandes der Gynäkologen in Niedersachsen. „Deshalb macht es keinen Sinn, Grippeschutzimpfungen regelhaft auch durch Apothekerinnen und Apotheker anzubieten.“

Pneumologen und ...

Dr. Henning Geldmacher, Vorsitzender des Berufsverbandes der Pneumologen in Niedersachsen, sagte: „Wir brauchen die Apotheken nicht für das Impfen. Dafür gibt es weder medizinische noch sachliche Gründe. Grippeimpfungen in Apotheken sind Unsinn. Apothekern mangelt es an der medizinischen Qualifikation.“

Nephrologen ...

Auch der niedersächsische Berufsverband der Nephrologen hält die Beteiligung von Apotheken für falsch. Ihr Vorsitzender, Dr. Wanja Bernhardt, verdeutlichte: „In Deutschland gibt es seit Jahrzehnten eine klare Arbeitsteilung zwischen Arztpraxen und Apotheken, und das sollte auch so bleiben. Vor allem um die Impfsicherheit für die Bürgerinnen und Bürger zu gewährleisten.“

... dagegen

Für Unverständnis sorgte darüber hinaus auch das Impfhonorar für die Apotheken. Apotheker sollen für Grippeschutzimpfungen insgesamt elf Euro erhalten. Berling: „Das ist mehr als die niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen bekommen, die ihre Patienten intensiv beraten und im seltenen Fall von Impfreaktionen in der Lage sind, sofort zu helfen.“