Westfalen-Lippe

Apartments statt Apotheker Alexander Müller, 26.08.2015 13:38 Uhr

Berlin - 

Die Hausgemeinschaft ist aufgelöst: Am Wochenende hat der Apothekerverband Westfalen-Lippe (AVWL) das Apothekerhaus in Münster verlassen und sein neues Domizil in der Loddenheide bezogen. Die Apothekerkammer (AKWL) hat für den freigewordenen Raum in der Bismarckallee schon neue Pläne.

Das Apothekerhaus gehört dem Zusatzversorgungswerk. Kammer und Verband hatten die Fläche bisher gemietet. Da die Konditionen für den AVWL sehr günstig waren, erhoffen sich die Eigentümer Mehreinnahmen aus der neuen Situation. Zunächst soll die Geschäftsstelle aber renoviert werden.

Das Apothekerhaus in Münster besteht aus drei Gebäudeteilen, einer davon wird bereits heute extern vermietet. Nach diesem Vorbild sollen auch ehemalige Einzelbüros des AVWL in Appartements umgewandelt werden. Bereits heute gibt es private Mieter im Objekt. Größere Flächen könnten Unternehmen als Büros nutzen.

In den Räumlichkeiten der Clearingstelle war schon in der Vergangenheit eine Arztpraxis untergebracht – für die Kammer wäre das erneut eine attraktive Option. Die Räume der Geschäftsführung, rund 250 m², will die Kammer dagegen selbst als Raumreserve behalten. Schließlich war das Apothekerhaus zuletzt aus allen Nähten geplatzt – ein Grund für den Auszug des AVWL.

Der Verband wird seine neue Geschäftsstelle am 5. September im Rahmen eines Spätsommerfestes feierlich einweihen. Erwartet wird unter anderem Gesundheitsstaatssekretär Karl-Josef Laumann (CDU). Der Patientenbeauftragte der Bundesregierung soll, wie auch ein Vertreter des Wirtschaftsministeriums von Nordrhein-Westfalen, ein Grußwort sprechen.

Auf dem 3200 m² großen Grundstück am Willy-Brandt-Weg sind neue Büroflächen von 2400 m² auf vier Stockwerken entstanden. Etwa die Hälfte der Flächen wird der AVWL selbst nutzen, der Rest soll vermietet werden. Im hinteren Grundstücksteil liegt ein eingeschossiger Seminaranbau, davor ein gemeinsames Foyer für alle Nutzer des Gebäudes.

Der AVWL wird mit 32 Mitarbeitern die beiden oberen Etagen beziehen. Die beiden unteren Stockwerke sind unter anderem an eine Niederlassung der Treuhand Hannover vermietet. Die Gesamtkosten des Projektes belaufen sich auf rund 6,4 Millionen Euro.

Apothekerkammer und -verband unter einem Dach, das ist nicht ungewöhnlich: In fast der Hälfte der Bundesländer gibt es ein gemeinsame Apothekerhaus. Bei kleineren Organisationen wie in Hamburg oder dem Saarland ist dies schon aus ökonomischen Gründen sinnvoll, teilweise gibt es etwa einen gemeinsamen Geschäftsführer.

Auch bei der (Neu-)Gründung der Berufsvertretungen nach der Wende ging es pragmatisch zu: In Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Thüringen gibt es Hausgemeinschaften. In Brandenburg soll das derzeitige Haus umgebaut werden. Einzige Ausnahme ist Sachsen, wo die Kammer in Dresden, der Verband dagegen in Leipzig residiert.

In den meisten alten Bundesländern gibt es verschiedene Anschriften, etwa in Baden-Württemberg, Hessen, Niedersachsen oder Nordrhein. Die größten Landesorganisationen teilen sich in München dagegen ein zweistöckiges Apothekerhaus. Kammer und Verband in Bayern haben seit jeher eine gemeinsame Geschäftsstelle – und fahren nach eigenem Bekunden sehr gut damit. Die kurzen Wege seien oft hilfreich, wenn es etwa um die gemeinsame Umsetzung von ABDA-Maßnahmen gehe.

In Westfalen-Lippe gab es diese Situation bis jetzt ebenfalls, die Beteiligten waren damit aber nicht glücklich. Es wurde zu eng in der Geschäftsstelle, der Auszug wurde 2013 beschlossen – zumal der Verband Finanzmittel auf der hohen Kante hatte. Die seien in einer Niedrigzinsphase besser in Steinen angelegt, so das Argument.

Richtig gut verstanden hat man sich zuletzt auch nicht mehr. So ließ sich die Verbandsspitze für die Pause lieber Pizza und Pasta in ihren Besprechungsraum liefern, statt die gemeinsame Kantine zu benutzen, verlautet es aus dem Apothekerhaus. Das mag eine Anekdote sein, sie spiegelt aber womöglich ganz gut die Gefühlslage.

Direkten Streit gab es zuletzt auch um die Finanzierung der PTA-Schulen in Nordrhein-Westfalen. Kammerpräsidentin Gabriele Overwiening sowie ihr Vize René Graf waren sogar aus dem Verband ausgetreten. Vielleicht wird die Zusammenarbeit ja mit räumlichem Abstand wieder gedeihlicher.