Apothekerhaus

121 Jahre Mendelssohn-Palais Katharina Lübke, 23.06.2014 10:04 Uhr

Roter Teppich in die Vorstandsetage: Die ABDA bewegt sich in der Berliner Jägerstraße 49/50 auf traditionsreichen Spuren. Foto: Elke Hinkelbein
Berlin - 

Die zurückhaltende Fassade verbirgt eine Säulenschalterhalle, die sich über zwei Geschosse erstreckt. Durch das gläserne Kuppeldach flutet Licht die ehemalige Kassenhalle. Prächtige Treppen führen in die Vorstandsetage. Irgendwo weiter hinten geht es zu den Büros der einfachen Angestellten. Die ABDA bewegt sich in der Berliner Jägerstraße 49/50 auf traditionsreichen Spuren.

Das Haus war der letzte Hauptsitz des Bankhauses Mendelssohn & Co. Es stammt aus einer Zeit, in der Berlin kulturell wie wirtschaftlich blühte, und erinnert an große Namen der deutschen Kultur- und Geistesgeschichte: Zuallererst an Moses Mendelssohn, den jüdischen Philosophen und Wegbereiter der jüdischen Aufklärung, aber auch an dessen Enkelin Fanny Mendelssohn Bartholdy, die Komponistin der deutschen Romantik, und ihren noch berühmteren Bruder Felix, ebenfalls Komponist.

Auch wirtschaftlich sticht der Name Mendelssohn hervor: Das Bankgeschäft der Familie prägte die europäische Finanzmetropole Berlin. 1795 hatte Joseph Mendelssohn, Sohn von Moses, das Bankhaus gegründet. Es entwickelte sich zu einer der mächtigsten Privatbanken in Deutschland.

Die Jägerstraße in Berlins Bankenviertel wurde zu ihrer ersten Adresse: Zwischen 1873 und 1893 kaufte und baute die Familie hier insgesamt fünf Häuser. Nach Entwürfen des Architekturbüros Schmieden & Speer entstand das heutige ABDA-Haus als repräsentativer neoklassizistischer Neubau hinter einer zweigeschossigen Sandsteinfassade. Mit Fertigstellung des Bankgebäudes im Jahr 1893 standen vier Mendelssohn-Häuser in einer Reihe.

Nur zwei Gebäude überstanden den Krieg unversehrt: Nummer 49/50 und 51. Das Haus der ABDA ist das am besten erhaltene private Berliner Bankgebäude des 19. Jahrhunderts. Auch innen spiegelt sich der Charme der alten Zeit: So zeigt in der ersten Etage ein Relief von Johann Gottfried Schadow aus dem Jahr 1802 Szenen von regem Handel und Verkehr.

Bis 1938 konnte das Bankhaus seine Geschäfte führen. 1936 hatte Robert von Mendelssohn die Leitung übernommen, nachdem sein Vater, Franz gestorben war. Ihm zu Ehren verleihen IHK und Handwerkskammer seit 2005 jährlich die Franz von Mendelssohn-Medaille „für besonderen sozialen Einsatz“. 1938 wurde die Familie vor die Wahl gestellt, den Bankbetrieb „arisieren“ zu lassen oder zu liquidieren.

Die Deutsche Bank kaufte das Geschäft, das Unternehmen selbst wurde nach mehr als 140 Jahren aufgelöst. Die jüdischen Bankinhaber und Familienmitglieder verließen mehrheitlich Deutschland, ihr Eigentum durften sie nicht mitnehmen. In die Häuser Nr. 52 und 53 zog die Belgische Botschaft ein; bis zur Zerstörung der Häuser durch Bomben 1943 residierte sie dort. Die Nr. 49/50 und 51 übernahm das Deutsche Reich.

Ab 1949 führte die Garantie- und Kredit Bank AG ihre Geschäfte im heutigen ABDA-Haus. Später beherbergte es die Deutsche Außenhandelsbank der DDR. Nach 1990 ging das Gebäude an die Bank für Gemeinwirtschaft (BfG), diese restaurierte das Haus. In den 1990er Jahren diente es der Mendelssohn-Gesellschaft Berlin als Tagungsort. Nach der Übernahme der BfG durch die SEB stand das Objekt leer, bevor es zum 1. Juli 2002 von der ABDA übernommen wurde.

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