Generikaaustausch

AOK: Entscheidend ist die Normgröße Désirée Kietzmann, 31.08.2009 13:34 Uhr

Berlin - 

Der Streit um die Austauschbarkeit von Rabattarzneimitteln geht in die nächste Runde: Nach den Herstellern hat sich nun auch die AOK juristische Rückendeckung für ihre Position geholt. Aus zwei Gutachten geht der Kasse zufolge hervor, dass wirkstoffgleiche Arzneimittel auch dann austauschbar sind, wenn das Indikationsspektrum nicht völlig identisch ist und nicht die gleiche Anzahl an Tabletten oder Kapseln enthalten ist.

Der Begriff der „identischen Packungsgrößen“ ist der neueste Streitpunkt zwischen Herstellern und Kasse. Laut Professor Dr. Thorsten Kingreen ist hierbei nicht die Zahl der Einzeldosen, sondern die Normgröße einer Packung (N1, N2, N3) entscheidend. Das Gutachten legt dabei die Packungsgrößenverordnung zugrunde. Nur diese Auslegung könne verhindern, dass die Hersteller die aut-idem-Regelung durch „kreative“ Gestaltungen ihrer Packungsgrößen umgehen.

„Identisch im Rechtssinne sind alle Packungen, die zu einer Gruppe gehören“, sagte AOK-Verhandlungsführer Dr. Christopher Hermann. Demnach wäre eine 100er-Packung Omeprazol durch eine 98er austauschbar. Laut Hermann liegt es auch in der Kompetenz der Vertragspartner, den Begriff eindeutig zu definieren. Er forderte den Deutschen Apothekerverband (DAV) und den GKV-Spitzenverband deshalb erneut auf, in den aktuell laufenden Verhandlungen zum Rahmenvertrag „Klarheit zu schaffen“.

Auch das Verständnis des Begriffs „gleicher Indikationsbereich“ ist laut Professor Dr. Dr. Alexander Ehlers bislang weder durch den Gesetzgeber noch durch den Rahmenvertrag abschließend beantwortet. „Gleicher Indikationsbereich bedeutet nicht identischer Indikationsbereich“, sagte Ehlers. In seinem Gutachten kommt der Münchner Fachanwalt für Medizinrecht deshalb zu dem Schluss, dass ein Austausch schon dann möglich ist, „wenn das Substitut bereits in einem zugelassenen Indikationsbereich mit dem auszutauschenden Präparat übereinstimmt“.

Aus Ehlers Sicht sprechen mehrere Aspekte gegen eine enge Auslegung des Rahmenvertrages: Da sich Generikahersteller im Zulassungsprozess auf die Daten des Originalherstellers beziehen, sei davon auszugehen, dass die gleiche Wirksamkeit besteht, auch wenn das Generikum nicht für alle Indikationen zugelassen ist. Eine enge Auslegung würde laut Ehlers zudem das gesetzlich festgeschriebene Wirtschaftlichkeitsgebot unterlaufen.