Ärzte: „Heilkunde gehört in ärztliche Hände“ 08.11.2025 08:55 Uhr
Bei der Anhörung zur Apothekenreform hätten die Ärzte in den meisten Punkten eine Gegenposition eingenommen, erklärte Dr. Dirk Heinrich, Bundesvorsitzender des Virchowbundes, auf der diesjährigen Hauptversammlung in Berlin. Hier wurden gestern entsprechend auch zwei Anträge besprochen, die die Apotheken betreffen.
Die Kompetenzerweiterungen müssten zunächst den Nachweis erbringen, dass sie sinnvoll und wirtschaftlich seien – analog zu den Kriterien, die auch bei ärztlichen Leistungen angewendet würden. Zudem müsse geklärt sein, wer die Kosten für die Nachsorge von anlasslosen Tests trage, die einen Abklärungsbedarf bei den Ärzten zur Folge hätten.
Die Abgabe von verschreibungspflichtigen Medikamenten sei ein „No-Go“, erklärte er. Da könnten die Ärzte auch fordern, dass sie die Medikamente direkt selbst abgeben.
Eigentlich fordere die Apothekerschaft, das Fixum erhöht zu bekommen, um das Kerngeschäft besser vergütet zu sehen, so Heinrich. Stattdessen würden nun neue Leistungen „erfunden“, für die die Apotheken in vielen Fällen zudem zu wenig Personal hätten und die Räumlichkeiten fehlten, um die neuen Leistungen durchzuführen.
Auch die Tests in Drogerieketten sehe Heinrich kritisch. Auch hier würden durch anlasslose Tests eine höhere Nachfrage in Praxen zur Abklärung erzeugt.
„Heilkunde gehört in Ärztliche Hand“
Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU) plant in der Apothekenreform die Kompetenzen der Apotheker zu erweitern. Demnach sollen Apotheken zukünftig Impfungen durchführen dürfen, Schnelltests und Messungen anbieten, Präventionsangebote machen und in Ausnahmefällen auch Rx-Arzneimittel ohne ärztliches Rezept abgeben. Gegen diese Kompetenzerweiterungen spricht sich der Virchowbund entschieden aus.
„Die Bundeshauptversammlung des Virchowbundes fordert die Bundesregierung auf, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zum Apothekenversorgungs-Weiterentwicklungsgesetz (ApoVWG) die geplanten §§ 48a und 48b Arzneimittelgesetz (AMG) ersatzlos zu streichen“, heißt es in einem Antrag der Landesgruppe Bayern. Jede Form der Abgabe verschreibungspflichtiger Arzneimittel ohne ärztliche Verordnung lehne der Bund entschieden ab. Darüber hinaus müsse die Bundesregierung eine klare gesetzliche Abgrenzung ärztlicher und pharmazeutischer Tätigkeiten in allen Gesetzen und Verordnungen, insbesondere im AMG, SGB V und IfSG, schaffen.
Auch pDL dürften nicht auf Bereiche der Diagnostik, Prävention oder Therapieentscheidung ausgeweitet werden. Es dürfe außerdem keine Impfungen oder Schnelltests in Apotheken ohne eine ärztliche Supervision und Notfallinfrastruktur geben. Außerdem solle eine verbindliche Rückkopplung von pDL an die behandelnden Ärzte geschaffen werden, insbesondere bei Einträgen in die ePA. Zudem forderten die Ärzte eine gesetzliche Klarstellung, dass jede Verschreibung von Rx-Arzneimitteln an eine ärztliche Diagnose, Indikationsprüfung und Therapiekontrolle gebunden sein müsse.
Was als Entlastung des Gesundheitssystems verkauft werde, bedeute in Wahrheit eine systematische Aufweichung der ärztlichen Heilkunde, denn so die Begründung der Antragssteller, Diagnostik und Therapie würden voneinander getrennt, medizinische Entscheidungen ohne ärztliche Verantwortung getroffen. Damit werde die Patientensicherheit gefährdet und das Grundprinzip ärztlicher Behandlung unterlaufen. Eine Ausweitung von pDL auf Impfungen, Diagnostik und Prävention schaffe zudem Parallelstrukturen.
Statt Kooperation zwischen Arzt und Apotheker drohe durch das ApoVWG in seiner jetzigen Form eine Vermischung der Zuständigkeiten mit unklarer Haftung und fehlender ärztlicher Supervision. „Heilkunde gehört in ärztliche Hände – das ist kein Standesinteresse, sondern eine Frage der Sicherheit, Verantwortung und Qualität in der Patientenversorgung.“
Der Antrag ist einstimmig angenommen worden.
„Büchse der Pandora“
Der Bundesvorstand hat einen Anrag eingereicht, die Schnelltests und Messungen in Drogerieketten und Apotheken auf Folgewirkungen prüfen zu lassen.
„Die Bundeshauptversammlung 2025 des Virchowbundes, Verband der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte Deutschlands, fordert den Gesetzgeber auf, neue Möglichkeiten für Apotheken und Drogerieketten zu Schnelltests und Messungen vor Ort vor ihrer Einführung auf deren Folgewirkung zu überprüfen“, heißt es in dem Antrag des Bundesvorstands.
Es bestehe die Gefahr, dass mit diesen Schnelltests und Messungen „die Büchse der Pandora“ geöffnet werde. Für den Einsatz solcher Testungen müsste eine medizinische Indikation vorliegen, die nur ein Arzt feststellen könne. Zude seien die die wissenschaftlichen Anforderungen an Vorsorgeuntersuchungen, die von der GKV bezahlt würden, hoch. „Diesen Anforderungen müssen Tests in Apotheken oder Drogerien ebenfalls gerecht werden.“
Außerdem könnten diese oft anlasslosen Test zu einem höheren Aufkommen in den Praxen führen, da Patienten ihre Testergebnisse abklären lassen wollten. „Diese nicht steuerbaren Folgewirkungen sind nicht nur medizinischer sowie ökonomischer Unsinn und es werden unkalkulierbare Folgekosten verursacht“, heißt es in dem Antrag.
Auch dieser Antrag wurde einstimmig angenommen.