EuGH-Spezial

Abgabe ist keine Fließbandarbeit Patrick Hollstein, 04.09.2008 13:07 Uhr

Luxemburg - 

Laut Heinz-Uwe Dettling, Anwalt der Saarbrücker Apothekerin Helga Neumann-Seiwert, sind Kapitalgesellschaften dadurch gekennzeichnet, dass die persönliche Haftung und Verantwortung der Eigentümer ausgeschlossen und die verschiedenen Funktionen im Unternehmen aufgespalten werden. Anders in inhabergeführten Apotheken, wo nicht nur das Gewinn-, sondern auch das Versorgungsinteresse auf der Eigentümerebene angesiedelt sei. „Die ordnungsgemäße Versorgung ist bei Eigentümerapotheken 'Chefache'“, so Dettling.

Der Anwalt führte eine Reihe von Vorteilen auf, die nur inhabergeführte Apotheken aufwiesen: So fördere die eigene Qualifikation und der eigene Patientenkontakt das Verständnis und die Bereitschaft, ein für das operativ tätige Personal adäquates Umfeld zu schaffen. Dettling wies darauf hin, dass Eigentümerapotheker und angestellte Apotheker in derselben Wertewelt leben. Aufgrund der Anforderung an die Approbation würden charakterlich ungeeignete Personen von der Eigentümer- und Führungsebene von Apotheken fern gehalten.

Wegen seiner unbeschränkten Haftung und persönlichen Verantwortlichkeit rechne sich für Apothekeninhaber eine kurzfristige Gewinnmaximierung nicht - im Gegensatz zu Aktiengesellschaften und Finanzinvestoren. Auch vertikale und horizontale Verflechtungen würden durch das Fremdbesitzverbot effektiv ausgeschlossen.

Dagegen fehle berufsfremden Managern das Verständnis für die Erfordernisse der pharmazeutischen Versorgung und die Bereitschaft zur Schaffung einer „heilberufliche Unternehmenskultur“. Vielmehr seien angestellte Apotheker „schutzlos dem massiven ökonomischen Druck kommerzieller Eigentümer“ ausgeliefert. Dettling nannte Beispiele aus britischen und amerikanischen Kettenapotheken und gab zu bedenken, dass eine effektive Kontrolle nie möglich sei. „Die Arzneimittelabgabe ist keine Fließbandarbeit“, so der Anwalt.

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