Apothekerlobby

ABDA-Sprecher: Apothekerin muss Schaden ersetzen APOTHEKE ADHOC, 11.01.2016 12:55 Uhr

Berlin - 

Er war der verhinderte ABDA-Sprecher: Schon vor seinem ersten Arbeitstag geriet Sven Winkler ins Kreuzfeuer – der öffentliche Schlagabtausch veranlasste seinen Arbeitgeber in spe, umgehend auf Distanz zu gehen. Ausgelöst wurde die Debatte durch den Hinweise einer Apothekerin zum angeblich unrühmlichen Ausscheiden Winklers bei seinem früheren Arbeitgeber. Weil sie ihre Einlassungen nicht beweisen konnte, wurde sie jetzt zu Schadenersatz verurteilt.

Die Apothekerin hatte Ende April 2013 einen Beitrag von APOTHEKE ADHOC zur Berufung Winklers kommentiert. Sie behauptete seinerzeit sinngemäß, Winkler sei Ende 2012 wegen Unregelmäßigkeiten bei der Reisekostenabrechnung vom Helmholtz Zentrum München fristlos entlassen worden. Gegen diese Aussage klagte Winkler auf Unterlassung.

Vor dem Landgericht München I (LG) kam es zum Prozess. Winkler lehnte eine Einigung ab. Die Richterin nahm bei mehreren Verhandlungsterminen die Beweislage auf: Im Mai wurden vier ehemalige Vorgesetzte und Kollegen zu den Hintergründen seines Ausscheidens beim Helmholtz Zentrum befragt; Ende November standen ABDA-Präsident Friedemann Schmidt und Hauptgeschäftsführer Dr. Sebastian Schmitz im Zeugenstand.

Unstreitig war, dass Winkler im Dezember 2012 zunächst fristlos entlassen wurde; nach einem Vergleich vor dem Arbeitsgericht wurde der Vertrag später einvernehmlich aufgelöst. Klar war nach der Anhörung der Helmholtz-Vertreter außerdem, dass es Unregelmäßigkeiten bei den Reisekosten gegeben hatte. Diese seien auch Gegenstand eines Gutachtens gewesen und hätten zu einem Personalgespräch geführt. Winkler hätte durch eine sorgfältigere Planung Mittel einsparen können, die Abrechnungen selbst seien in Ordnung gewesen, so die Aussage.

Die fristlose Kündigung sei aber nicht wegen Verstößen gegen das Reisekostengesetz oder Reisekostenrichtlinien ausgesprochen worden, gaben drei der vier Zeugen zu Protokoll. Was die eigentlichen Gründe waren, erklärten sie nicht. Akteneinsicht beim Arbeitsgericht wurde durch den Anwalt der Apothekerin offenbar nicht beantragt.

Damit waren die Behauptungen aus Sicht der Richterin nicht bewiesen und angesichts der Zeugenaussagen unwahr. Die Ausführungen auch nicht schutzwürdig: Die Apothekerin habe nicht nur ihre Meinung, sondern eine objektiv nachprüfbare Tatsachenbehauptung veröffentlicht.

Auch das sogenannte Laienprivileg rettete die Apothekerin nicht. Um eine „Lähmung der individuellen Meinungsfreiheit“ und eine „Verengung der gesellschaftlichen Kommunikationsprozesse“ zu verhindern, gelten laut Gericht etwa bei der Übernahme von Informationen zum Beispiel aus der Presse weniger strenge Maßstäbe. Die Apothekerin habe aber ungeprüfte Informationen aus sogenannten unprivilegierten Quellen übernommen – sie hatte im März 2012 zwei Wochen lang als Praktikantin beim Helmholtz-Zentrum gearbeitet und nach eigenen Angaben in der Mensa sowie im Doktorandencafé von den Missständen in der Kommunikationsabteilung erfahren.

Daher müsse sie für die Konsequenzen ihres schuldhaften Handelns gerade stehen und Winkler „alle materiellen und immateriellen Schäden“ ersetzen, die ihm in der Folge entstanden seien und künftig noch entstehen würden.

Bislang stehen rund 2000 Euro für Anwaltskosten im Raum, doch der Betrag könnte deutlich wachsen, wenn Winkler weitere Forderungen geltend macht. Die ABDA hat sich bislang nicht dazu geäußert, ob sie für eventuelle Folgeschäden aufkommen wird.

Die Apothekerin hatte vergeblich argumentiert, dass sie es als Landesvorsitzende der Adexa als ihre Pflicht empfunden habe, der „Verschwendung öffentlicher Mittel entgegenzutreten“. Auch habe Winkler sich aus freien Stücken dazu entschlossen, seine Stelle bei der ABDA nicht anzutreten.

Tatsächlich hatten Schmidt und Schmitz zu Protokoll gegeben, dass sie den – bis dahin nur mündlich vereinbarten – Vertrag nicht einseitig gekündigt hätten. Vielmehr habe man sich mit Winkler auf eine einvernehmliche Aufhebung geeinigt, weil man kaum eine Chance sah, dass die Arbeit mit den Vorwürfen im Hintergrund ordnungsgemäß zu erledigen sei. Außerdem hätten die Diskussion zu Akzeptanzproblemen bei den ehrenamtlichen Gremien geführt.

Die Richterin war trotzdem überzeugt, dass der Kommentar der Apothekerin die Ursache dafür war, dass Winkler sein Arbeitsverhältnis bei der ABDA nicht antreten konnte.