Diskussionsveranstaltung

75 Studienfreunde – nur einer mit Apotheke Patrick Hollstein, 27.01.2024 08:31 Uhr

Zwickau - 

Nach den großen Protesten setzt die Abda jetzt auf Gespräche – und fordert die Basis auf, mit den Abgeordneten vor Ort das Gespräch zu suchen. In Sachsen gab es in dieser Woche eine Veranstaltung der IHK Zwickau, bei der es um die Zukunft der Vorort-Apotheke ging.

Während die Bundespolitik vor den Sorgen und Nöten der Apotheken die Augen verschließt, setzt sich vor Ort mehr und mehr die Erkenntnis durch, wie es um den Berufsstand und damit die Versorgung der Bevölkerung bestellt ist: „Apotheken vor Ort gewährleisten vertrauensvolle, professionelle Arzneimittelversorgung der Bevölkerung, stärken als Teil des Handels funktionsfähige Innenstädte, schaffen Arbeitsplätze. Umso bedenklicher stimmen sinkende Betriebsergebnisse, zurückgehende Beschäftigung und fortschreitende Schließungen“, so die Haltung der IHK in Zwickau.

Auf Anregung von Apothekerin Daniela Hänel hatten die Verantworlichen am Mittwoch zu einem Austausch zwischen Wirtschaft und Politik geladen. Und auch wenn das Staatsministerium sich nicht zur Teilnahme durchringen konnte, konnten Torsten Spranger, Geschäftsführer der IHK Chemnitz, und Moderatorin Professor Dr. Ute Rosenbaum von der Westsächsischen Hochschule Zwickau eine Reihe an Politikern begrüßen: So nahmen die beiden Bundestagsabgeordneten Bernhard Herrmann (Grüne) und Carsten Körber (CDU) teil, genauso wie der Landtagsabgeordnete Markus Scholz (Grüne) und Stadtrat Dr. Michael Luther, der die Fraktion aus CDU und FDP vertrat. Eine SPD-Vertreterin war kurzfristig verhindert.

Ausstehende Honorarerhöhung

Zahlreiche Apothekerinnen und Apotheker waren aus Zwickau, dem Erzgebirge, dem Vogtland und dem Chemnitzer Land angereist und nutzen die Gelegenheit, um auf die massiven Probleme hinzuweisen. So wurde die seit mehr als zehn Jahren ausstehende Honorarerhöhung genauso thematisiert wie die Lieferengpässe, die zeitraubenden Dokumentationsvorschriften und die fehlenden Fachkräfte.

„Ohne spürbare Erleichterungen werden weitere Apotheken schließen, Patienten längere Wege auf sich nehmen müssen“, sagte Daniel Mädler, Vizepräsident Sächsische Landesapothekenkammer (SLAK). Inhaberinnen und Inhabern als selbstständigen Unternehmern fehle allzu oft die Entscheidungsfreiheit – bei gleichzeitig vollem Risiko: Man haftet mit seinem gesamten Privatvermögen, habe aber nicht raus mehr als ein Angestellter. „Immer weniger Kolleginnen und Kollegen sind bereit, dieses Risiko zu tragen.“

Mittlerweile sehe man aber auch einen deutlichen Rückgang der Filialapotheken; in Orten mit weniger als 4500 Einwohnern müssen Apotheken auf kurz oder lang schließen, da sie unwirtschaftlich seien.

Adrian Neumann, Inhaber der Glückauf-Apotheke in Johanngeorgenstadt, berichtete, dass er mit seiner Landapotheke und beiden Filialen mehr als zehn Wochen im Jahr Notdienst habe. Im Umkreis von 20 km gebe es keine weitere Apotheke – aus gutem Grund: Keiner seiner 75 Kommilitonen aus dem Studium wolle dieses Risiko eingehen.

Auch Hänel und ihr Kollege Uwe Bauer von der Concordia-Apotheke in Plauen sowie Peggy Berthold von der Steuerberatungsgesellschaft RST lieferten zahlreiche Beispiele aus der Praxis, um den Politikern die Probleme zu veranschaulichen. Auch wenn außer Scholz keiner von denen direkt im Gesundheitsbereich aktiv ist, waren sie sichtlich beeindruckt von den Herausforderungen und der Komplexizität. Für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer war es eine Gelegenheit, in der Politik ein Bewusstsein zu schaffen – und ein weiterer Schritt auf dem langen Weg.