Arzneiverordnungs-Report

1,2 Milliarden Euro bei Arzneimitteln gespart Karoline Schumbach, 27.09.2012 14:36 Uhr

Berlin - 

Erstmals seit 2004 haben die Krankenkassen im vergangenen Jahr weniger für Arzneimittel ausgeben müssen – obwohl 2,3 Prozent mehr Packungen verordnet wurden. Der Rückgang betrug laut Arzneiverordnungs-Report (AVR) 4 Prozent, die Kosten sanken demnach um 1,2 Milliarden Euro auf 30,9 Milliarden Euro.

 

Professor Dr. Ulrich Schwabe, Herausgeber des AVR sieht vor allem die „massiven Eingriffe des Gesetzgebers“ als Ursache für die gesunkenen Preise. Hier führt er vor allem das GKV-Änderungsgesetz an, in dem gesetzliche Abschläge für Nichtfestbetragsarzneimittel auf 16 Prozent angehoben und ein zusätzlicher Preisstopp festgelegt wurde.

Auch das AMNOG sei mit 25 Bewertungsverfahren fristgerecht umgesetzt worden. Von 23 neuen Arzneimitteln des Jahres 2011 hatten 14 einen Zusatznutzen, für acht Präparate konnte kein Zusatznutzen festgestellt werden. Insgesamt vier Präparate wurden nach der Bewertung wieder vom Markt genommen. In diesem Jahr sind bislang Dossiers zu elf neuen Arzneimitteln eingereicht worden.

Im ersten Halbjahr 2012 sind die Kosten laut Schwabe allerdings wieder angestiegen – um 3,1 Prozent auf 15,8 Milliarden Euro, zitiert er Zahlen des BMG. Allein 190 Millionen Euro entfallen auf die neuen Arzneimittel Gilenya (Fingolimad, Novartis), Incivo (Telaprevir, Janssen-Cilag) und Zytiga (Abirateron, Janssen-Cilag). Die Jahrestherapiekosten liegen hier zwischen 30.000 und 44.000 Euro.

 

 

Um auf das von der Regierung angestrebte Einsparungspotenzial von 2 Milliarden Euro zu kommen, müsse auch der Bestandsmarkt bewertet werden. Allerdings fehle es dazu beim Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) derzeit an ausreichend Personal und Mitteln, so Schwabe. Den 132 Stellen beim IQWiG stünden 552 Mitarbeiter beim britischen National Institute of Health (NICE) gegenüber. Der Haushalt des IQWiG belaufe sich auf 17,5 Millionen Euro, das britische Institut habe dagegen 98 Millionen Euro zur Verfügung.

Weitere Einsparmöglichkeiten gebe es bei Generika. Obwohl die Kassen im vergangenen Jahr durch Rabattveträge 1,6 Milliarden Euro gespart haben, seien die Preise im internationalen Vergleich in Deutschland durchschnittlich 42 Prozent teurer. Auch bei patentgeschützten Präparaten ließen sich im internationalen Vergleich 1,6 Millarden Euro sparen.

Das Einsparpotential liege so insgesamt bei 3,1 Milliarden Euro. Zusätzlich fordert Professor Dr. Wolf-Dieter Ludwig, Vorsitzender der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft, mehr Transparenz im stationären Bereich. Denn welche Wirkstoffe über Krankenhäuser auf den Markt gelangen, sei bislang kaum detailliert analysiert worden.