Krankenkassen

1 Milliarde Euro mehr für Ärzte? dpa/APOTHEKE ADHOC, 09.06.2012 10:34 Uhr

Berlin - 

Was tun mit den Überschüssen in der GKV? Während die Apotheker bislang vergebens anklopfen, scheinen die Kassenärzte zumindest etwas Terrain gewonnen zu haben: Zwar lehnt der GKV-Spitzenverband die geforderte Aufstockung des Honorartopfs um 3,5 Milliarden Euro als nicht nachvollziehbar zurück. Bei den Kassen hält aber man einen Zuschlag von maximal einer Milliarde für akzeptabel – auch wenn man eine Notwendigkeit dafür grundsätzlich nicht sieht.

 

GKV-Chefin Dr. Doris Pfeiffer wies die Honorarforderungen der Ärzte im Umfang von rund 3,5 Milliarden Euro zurück: „Das ist völlig unrealistisch. Das wären ja 23.000 Euro pro Arzt zusätzlich. Die Ärzte tun so, als stünden sie an der Armutsgrenze“, sagte sie der Saarbrücker Zeitung. Zuletzt seien die ärztlichen Honorare deutlich stärker gestiegen als die Löhne der Versicherten.

Nach den gesetzlichen Vorgaben erwarte man für dieses Jahr etwa 600 Millionen Euro Honorarzuwachs. „Aber was 2013 passiert, ist offen“, so Pfeiffer. Realistisch sei etwa eine Milliarde Euro.

Vom Plan der Kassenärzte, ein Internetportal einzurichten, bei dem Ärzte die Krankenkassen im Hinblick auf ihre bürokratische Vorgaben bewerten sollen, hält Pfeiffer nichts: „Die Krankenkassen haben kein Problem damit, bewertet zu werden. Nur was soll es dem Patienten bringen, wenn er weiß, dass eine Kasse vom Arzt vermeintlich zu viel Schreibarbeit abfordert.“ Möglicherweise verordne der Mediziner ja auch Dinge, die einer besonderen Dokumentationspflicht bedürften.

Zumindest die Beitragszahler werden wohl nichts von dem angesammelten Geld wiedersehen: Die Finanzlage sei zwar „so gut wie seit langem nicht mehr“. Das Polster sei aber angesichts zu erwartender Ausgabesteigerungen von knapp zehn Milliarden Euro in den kommenden beiden Jahren und der konjunkturellen Risiken im Euro-Raum nicht so reichlich, „dass man nun das Geld zum Fenster rauswerfen kann“.

 

 

Koalitionsinterne Prognosen, dass die Überschüsse im System der gesetzlichen Krankenversicherung in diesem Jahr um sieben Milliarden Euro auf dann knapp 27 Milliarden Euro steigen werden, wollte Pfeiffer nicht bestätigen. Fest stehe aber schon jetzt, dass das Finanzpolster weiter wachse. Dies müsse für langfristige Stabilität genutzt werden. Vom Überschuss des Vorjahres in Höhe von 19,5 Milliarden Euro seien aber allein fünf Milliarden Euro als Reserve und für den Sozialausgleich gebunden.

Die aktuellen Überschüsse bei den Kassen decken derzeit nach Pfeiffers Angaben die Ausgaben von 29 Tagen ab. Im vergangenen Jahr gab es – bedingt durch den Einmaleffekt einer Beitragserhöhung – ein überdurchschnittliches Einnahmeplus von 4,5 Prozent. In diesem Jahr dürfte der Zuwachs mit gut 1 Prozent deutlich geringer ausfallen. Die Einnahmesteigerungen könnten die bereits jetzt erkennbaren Steigerungen auf der Ausgabenseite zum Teil ausgleichen.

Von einem Zwang zur Beitragsrückerstattung, wie ihn Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) ins Gespräch gebracht hat, hält Pfeiffer wenig. Sie bekräftigte vielmehr die Forderung, den Kassen wieder ihre Beitragsautonomie zurückzugeben. Dann könnten sie ihre Beiträge selber festsetzen – und die Bürger könnten sich dann bei der Auswahl ihrer Kasse am Beitragssatz orientieren.

Kritisch wird vom Kassenlager auch die geplante, vom Staat mit fünf Euro monatlich bezuschusste Pflege-Zusatzversicherung gesehen. Der Zusatzbedarf zur Abfederung der finanziellen Risiken für den Einzelnen sei besser im System der solidarischen Pflegeversicherung abzusichern, auch durch Bildung von Rücklagen. Aus Sicht von GKV-Verbands-Vorstandsmitglied Gernot Kiefer sind die Regierungspläne kein Beitrag zur nachhaltigen Absicherung des Pflegerisikos in einer weiter alternden Gesellschaft.