Psychische Erkrankungen

Depression: Entzündung im Gehirn? Nadine Tröbitscher, 01.04.2017 09:10 Uhr

Neuer Therapieansatz: Die Behandlung von Entzündungen könnte künftig in der Therapie von Depressionen eine Rolle spielen Foto: Petra Bork/pixelio.de
Berlin - 

Die Depression ist eine psychische Erkrankung, an der etwa vier Millionen Menschen in Deutschland leiden. Symptome können Niedergeschlagenheit, Interessenverlust, Negativgedanken oder Antriebslosigkeit sein. Wissenschaftler konnten zudem eine Verbindung zu Entzündungen feststellen. Die Grenze zwischen psychischen und physischen Erkrankungen zerfließt.

Der Zusammenhang könnte ein neuer Ansatz in der Therapie von Depressionen sein, da viele Patienten nicht auf die verfügbaren Antidepressiva ansprechen und diese zum Teil erhebliche Nebenwirkungen haben können.

Deutsche und französische Studien konnten zeigen, dass bei Depressiven aus der Aminosäure Tryptophan neurotoxische Verbindungen wie Chinolinsäure gebildet werden – anstelle von Serotonin. Der Grund dieser Funktionsveränderung sei die Überaktivierung der Mastozyten der körpereigenen Abwehr. Etwa die Hälfte aller Erkrankten leidet an dieser Überfeuerung.

Einen weiteren Zusammenhang zwischen Depressionen und Entzündungen konnten die deutschen Forscher Professor Dr. Harald Engler von der Medizinischen Fakultät der Universität Duisburg-Essen und Professor Dr. Manfred Schedlowski vom Institut für Medizinische Psychologie und Verhaltensimmunbiologie am Universitätsklinikum Essen feststellen.

Hat der Körper mit einer akuten Entzündung zu kämpfen, nimmt die Konzentration des Botenstoffes Interleukin-6 (IL-6) im Blut zu. Forschungsergebnisse zeigten zudem einen Anstieg der Konzentration des Immunbotenstoffes im Liquor – der Gehirn-Rückenmarks-Flüssigkeit. Nahm die Konzentration an IL-6 zu, verstärkten sich auch die depressiven Verstimmungen.

Es wird vermutet, dass IL-6 über die Blutbahn in das Gehirn gelangt und dort durch eine Modulation neuronaler Prozesse eine Depression auslösen kann. Genaue Transportmechanismen sind jedoch noch ungeklärt, dennoch könnte eine gezielte Blockade von IL-6 ein neuer Therapieansatz für die Behandlung von Depressionen sein.

An der Berliner Charité untersucht Professor Dr. Julian Hellmann-Regen, welche Rolle das Antibiotikum Minocyclin in der Behandlung von Depressionen spielen könnte. Ursprünglich wird es zur Behandlung von Akne und Infektionen der Atemwege eingesetzt. Außerdem hemmt es bestimmte Entzündungszellen im Gehirn. Während einer Depression sind die Fresszellen des aktiven Immunsystems dauerhaft aktiviert und verursachen eine chronische Entzündung. Werden schwerst depressive Patienten, die auf keine andere Therapie ansprechen, mit Minocyclin behandelt, könnten ihre Beschwerden gelindert werden.