Masterstudium

„Wir dürfen die Signale der Arbeitgeber nicht ignorieren“ Deniz Cicek-Görkem, 20.02.2018 09:13 Uhr

Berlin - 

Die Universität Freiburg bietet erstmals zum Wintersemester 2018/19 im Rahmen des Masterstudiengangs „Pharmazeutische Wissenschaften“ die neue Profillinie „Regulatory Affairs and Drug Development“ an. Absolventen der naturwissenschaftlichen Fächer wie Chemie, Biologie, Pharmazeutischen Wissenschaften und auch der Pharmazie können sich so auf eine Tätigkeit in der pharmazeutischen Industrie spezialisieren.

„Die Arzneimittelindustrie wird für angehende Pharmazeuten zunehmend attraktiver“, sagt Professor Dr. Andreas Bechthold. Der Hochschullehrer führt diesen Zustand insbesondere auf die vielfältigen beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten zurück. Vor allem seien die Bereiche der Medikamentenentwicklung und -zulassung sehr populär.

Doch dazu sei die universitäre Ausbildung zum Apotheker nicht konzipiert: „Es besteht eine Lücke zwischen den Einsatzgebieten, die beliebt sind, und den Inhalten, die der Staatsexamens-Studiengang vermittelt“, so der Lehrstuhlinhaber der Pharmazeutischen Biologie und Biotechnologie am Institut für Pharmazeutische Wissenschaften in Freiburg. Überraschend sei dies nicht, denn seiner Meinung nach bereitet das Pharmaziestudium hauptsächlich auf eine Arbeit in der Apotheke vor.

Doch Pharmazeuten, die in diesen Bereichen der Industrie einstiegen, seien nicht optimal auf ihren Berufsalltag vorbereitet: „Es gibt einen großen Nachholbedarf, was das praktische Arbeiten angeht“, sagt Bechthold. Denn aus Gesprächen mit Fachkräften der Industrie komme häufig der Einwand, dass Pharmazie-Absolventen einiges an Eingewöhnung bräuchten oder zunächst als Trainee starten müssten. „Wir in Freiburg wollen uns nicht länger auf die Traineeships und Weiterbildungen der Arzneimittelhersteller verlassen“, so Bechthold. Bei großen Konzernen seien diese Programme für „Anfänger“ zwar Standard, doch kleine und mittelständische Unternehmen würden dagegen Fachkräfte bevorzugen, die nach kurzer Zeit voll einsetzbar seien. „Wir dürfen die Signale der Arbeitgeber nicht ignorieren.“

Doch auch die künftigen Arbeitnehmer, vielfach junge Menschen, könnten mit dem Masterstudium schneller in den gewünschten Bereich einsteigen: „Wir möchten ihnen einen Horizont bieten“, sagt Bechthold. Und das gehe ihnen mit dem interdisziplinäre Master-Studiengang sehr gut. Diesen gibt es zwar schon seit einigen Jahren, doch der Schwerpunkt „Regulatory Affairs and Drug Development“ wird zum Wintersemester erstmals in Deutschland angeboten.

Aufbauend auf den naturwissenschaftlichen Grundkenntnissen des Bachelor-Studiengangs „Pharmazeutische Wissenschaften“ wird den Studenten ein breites pharmazeutisches Basiswissen und eine fundierte Einführung in die verschiedenen Bereiche der Pharmazie wie Pharmazeutische Chemie, Pharmazeutische Biologie, Pharmazeutische Technologie, Bioinformatik, Biochemie und Pharmakologie vermittelt. Aber auch klinische Entwicklung und wissenschaftliche Grundlagen der Zulassung, Ethik und Nachhaltigkeit, Patentrecht und Produktstrategie, Qualität sowie Medien und Kommunikation sind Teil der Lehre.

Der Masterstudiengang ist ein Vollzeitstudium und dauert vier Semester; gelehrt wird zum größten Teil auf Englisch. Zugelassen werden können Absolventen der Pharmazie, Chemie, Biochemie, Biologie, Biotechnologie oder Medizin oder einem gleichwertigen mindestens dreijährigen Studiengang. Bei Pharmazeuten könnten zudem viele Scheine aus dem Staatsexamens-Studiengang angerechnet werden.

Etwa 50 Prozent der Studienzeit können laut Bechthold verkürzt werden. „Die Studenten können schnell in die neue Profillinie übergehen.“ Doch dafür müssten beispielsweise das Fach Bioinformatik sowie ein Praktikum in pharmazeutischer Nanotechnologie nachgeholt werden. Jährlich stehen insgesamt 30 Studienplätze zur Verfügung, 15 im Sommer- und 15 im Wintersemester. Nach dem ersten Jahr haben Studenten des Masterstudiengang die Wahl zwischen „Drug Discovery and Delivery“ sowie „Regulatory Affairs and Drug Development“. Letzterer kann jedoch nur im Wintersemester belegt werden.

Strukturell ist das Studium in drei Abschnitte gegliedert: Die ersten beiden Semester sollen eine grundständige Bearbeitung und Vertiefung der verschiedenen Gebiete der Pharmazeutischen Wissenschaften garantieren. Das dritte Semester ermöglicht eine Profilbildung im Rahmen von Wahlpflichtpraktika und eines Wahlpflichtmoduls, das vierte Semester dient der Erstellung der Masterarbeit. Zudem ist ein Auslandsaufenthalt im dritten Semester und damit verbunden die Anrechnung von im Ausland erbrachten Prüfungs- und Studienleistungen gut möglich.

Doch der Master, der für eine Tätigkeit in der Industrie vorbereitet, soll nicht als Konkurrenz zum Staatsexamen verstanden werden. Die meisten der Pharmazie-Absolventen starteten noch immer in der Apotheke ihre Karriere, denn nicht zuletzt bereite das Studium auf die Tätigkeit in der Apotheke vor. Die neue Profillinie richte sich deshalb speziell an Studenten, die nicht als Offizinapotheker tätig sein wollen.

Dies stehe weder in Konkurrenz zu diesem Apothekerbild, noch solle es Umwälzungen in der Lehre einleiten. „Die Apotheke ist ideal für junge Menschen, die etwa eine Familie gründen wollen. Teilzeitarbeit ist hier völlig normal“, sagt Bechthold. Dennoch müsste die Apothekerausbildung ständig auf Praxisnähe und Aktualität überprüft werden. „Schließlich dürfte die Digitalisierung einiges durcheinanderwirbeln.“