Notaufnahmen

Wegen Nebenwirkungen ins Krankenhaus Silvia Meixner, 30.05.2018 08:08 Uhr

Berlin - 

Gebrochenes Bein? Fahrrad-Unfall? In Deutschlands Notaufnahmen herrscht oft reger Betrieb. 6,5 Prozent der Patienten landen dort allerdings mit Verdacht auf unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW). Eine neue Studie der Abteilung Forschung im BfArM (Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte) belegt, dass manche Menschen bis zu sieben unterschiedliche Wirkstoffe gleichzeitig einnehmen.

Das geht bei vielen oft lange Zeit gut. Bis der Körper nicht mehr mitmacht. An vier größeren Kliniken in Ulm, Fürth, Bonn und Stuttgart wurde jetzt eine 30-tägige Beobachtungsphase durchgeführt, um den Anteil von UAW-Verdachtsfällen an allen Vorstellungen in der Notaufnahme zu ermitteln.

Die Studie zur Ursachenanalyse unerwünschter Arzneimittelwirkungen (ADRED) startete im vergangenen September, jetzt liegen die ersten Ergebnisse vor. Ermittelt wurden die Daten durch Screening der digitalen Patientenakten. Die Studie ist eine der größten systematischen Analysen zu diesem Thema in Deutschland.

Insgesamt wurden 10.174 Behandlungsfälle analysiert, dabei wurde 665 Mal der Verdacht auf UAW festgestellt. Dies entspricht einem Anteil von 6,5 Prozent. Von den 665 Patienten wurden 89 Prozent stationär aufgenommen, in 74 bis 84 Prozent der Fälle konnte ein möglicher Zusammenhang zwischen Symptomen und Arzneimittel hergestellt werden. Im Durchschnitt nahmen die betroffenen Patienten sieben unterschiedliche Wirkstoffe gleichzeitig ein. Mit steigendem Alter nahm die Anzahl der eingenommenen Wirkstoffe zu.

 

Da in Notfallaufnahmen der Krankenhäuser viele der zahlreichen Patienten nicht stationär aufgenommen, sondern ausschließlich ambulant versorgt werden, ist es im Normalfall schwierig, eine UAW in der Notfallaufnahme zu erkennen sowie bezüglich ihrer Ursachen zu analysieren und zu dokumentieren. Dazu kommt, dass in Akut-Situationen nicht unbedingt nach der Medikation gefragt wird, da andere Probleme im Vordergrund stehen.

Auch sind nicht alle Patienten in einer Notfallsituation in der Lage, sich an Details ihrer Medikation zu erinnern. Experten fordern daher, dass diesbezüglich die Wachsamkeit sowohl bei Ärzten als auch bei Patienten geschult werden sollte.

Denn UAW sind schwierig zu erkennen. Die häufig unspezifische Beschwerdesymptomatik ergibt erst in Zusammenhang mit der Arzneimitteleinnahme möglicherweise einen UAW-Verdacht. Es ist, so die Experten, immer auch denkbar, dass die Grunderkrankungen eines Patienten selbst für die Symptomatik verantwortlich sind. Gleichzeitig kann eine UAW auch eine Grunderkrankung in ihrer Symptomatik verstärken.

Die im Rahmen der ADRED-Studie am häufigsten dokumentierten Symptome, die in Zusammenhang mit UAW gesehen wurden, waren gastrointestinale Symptome und Symptome, die das Nervensystem betreffen (jeweils rund 32 Prozent der Fälle). Die Beschwerden, die die Patienten beschrieben, waren unter anderem Bauchschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Hämatemesis (Erbrechen von Blut) und Schwindelgefühl.

Rund 30 Prozent der betroffenen Patienten gaben unspezifische Beschwerden an, weiter 30 Prozent allgemeine wie Verschlechterung des Allgemeinzustandes, Schmerzen, Fieber oder Ermüdung. Insgesamt wurden bei den 352 untersuchten UAW-Fällen 687 Arzneimittel in einem mindestens möglichen Zusammenhang mit dem klinischen Beschwerdebild gsehen. Häufig handelte es sich um antithrombotische und antihypertensive Mittel, die als Auslöser vermutet wurden.

Die gute Nachricht: Zum Zeitpunkt der Entlassung hatten sich 265 Patienten – das entspricht 75 Prozent – ohne Schaden erholt.