Wechseljahre: Sind auch Männer betroffen? 11.06.2025 09:27 Uhr
Mit dem Alter verändert sich der Hormonhaushalt im Körper. Davon sind auch Männer betroffen. Jedoch ist die „Andropause“ laut der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) kein so gravierender Einschnitt wie bei Frauen. Ein sinkender Testosteronspiegel kann dennoch für Beschwerden verantwortlich sein, die in bestimmten Fällen medizinisch abgeklärt werden sollten.
Testosteron ist ein körpereigenes Sexualhormon, das vor allem bei Männern eine entscheidende Rolle für die körperliche Entwicklung männlicher Geschlechtsmerkmale in der Pubertät spielt. Im Erwachsenenalter ist es verantwortlich für die sexuelle Lust, die Muskelkraft, die Knochengesundheit und die Konzentration.
„Testosteron beeinflusst viele Bereiche im Körper – nicht nur Sexualität, sondern auch Wohlbefinden, Energie und Leistungsfähigkeit“, sagt Professor Dr. Sven Diederich, Facharzt für Innere Medizin, Endokrinologie, Andrologie und Diabetologe (DDG) am Medicover Berlin-Mitte MVZ. „Ein gewisser Rückgang des Hormons im Alter ist völlig normal – doch manchmal steckt hinter Beschwerden mehr als der normale Alterungsprozess.“
Der Rückgang der Geschlechtshormone geschehe beim Mann eher schleichend, so der Experte. „Ab dem 40. Lebensjahr sinkt der Testosteronspiegel jährlich um etwa 1 Prozent“, erklärt Diederich. Viele Männer würden deshalb zunächst nichts davon merken. „Erst mit zunehmendem Alter können sich Symptome bemerkbar machen: Ab etwa 60 berichten manche Männer über Müdigkeit, Konzentrationsprobleme, Muskelabbau oder Libidoverlust.“
Nicht jeder Mangel muss behandelt werden
Ein Testosteronmangel kann sich bemerkbar machen durch Schlafstörungen, Antriebslosigkeit, sexuelle Unlust, Gewichtszunahme, Muskelschwäche oder depressive Verstimmungen. „Diese Beschwerden sollten ernst genommen werden. Ob aber tatsächlich ein Hormonmangel vorliegt, lässt sich nur durch eine Blutuntersuchung feststellen“, betont Diederich.
Jedoch ist nicht jeder niedrige Testosteronwert auch behandlungsbedürftig. Ein medizinisch definierter Mangel liege laut dem Experten erst bei einem Wert unter 8 Nanomol pro Liter Blut vor. „Dieser kann durch Erkrankungen der Hoden oder der Hirnanhangsdrüse verursacht sein – und muss dann lebenslang behandelt werden“, so Diederich. Viel häufiger aber haben Männer nur vorübergehend niedrige Werte: „Schlafmangel, Übergewicht, starker Stress oder Alkoholmissbrauch können den Testosteronspiegel senken.“ In solchen Fällen helfen schon kleine Veränderung der Lebensweise und machen Hormonpräparate unnötig, rät er.
Keine Pauschaltherapie
Die DGE rät Männern, sich bei anhaltenden Beschwerden ärztlich untersuchen zu lassen – und warnt zugleich vor Schnellschüssen. „Testosteron ist kein Lifestyle-Mittel, sondern ein lebenswichtiges Hormon“, fasst Privatdozentin Dr. Dr. Birgit Harbeck, Mediensprecherin der DGE und Fachärztin für Innere Medizin, Endokrinologie und Diabetologie am Endokrinologikum Kiel, zusammen. „Der Griff zu Speicheltests oder frei verkäuflichen Testosteron-Boostern ist aus medizinischer Sicht problematisch.“ Eine sorgfältige Diagnostik in einer endokrinologischen Fachpraxis sei der richtige Weg. „Denn nur, wenn der Testosteronmangel nachgewiesen ist und mit den Beschwerden im Zusammenhang steht, ist eine Therapie sinnvoll“, so die Expertin.