Hormon-Kombination reduziert Nebenwirkungen

Typ-2-Diabetes: Neuer Wirkstoff-Kandidat Sandra Piontek, 19.09.2022 09:45 Uhr

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Eine neue Hormon-Kombination könnte sich bald zur Behandlung von Typ-2-Diabetes eignen. Foto:shutterstock.com/kenary820
Berlin - 

Typ-2-Diabetes ist eine chronische Stoffwechselerkrankung mit erhöhten Zuckerwerten im Blut. Bleibt die Krankheit unbehandelt, können Stoffwechselentgleisungen und gesundheitliche Langzeitschäden die Folge sein. Forscher:innen vom Helmholtz Zentrum in München, Deutschen Zentrum für Diabetesforschung (DZD) und Novo Nordisk haben für die künftige Behandlung des Typ-2-Diabetes eine neue Hormon-Kombination entwickelt.

Die Wissenschaftler verbanden sie die blutzuckersenkenden Effekte des Medikaments Tesaglitazar und des Hormons GLP-1 (Glukagon-ähnliches Peptid-1) in einem neuen hochwirksamen Wirkstoff. Durch die Kombination mit GLP-1 gelangt das neue Molekül nur in Gewebe, das den Rezeptor für GLP-1 enthält. Vorteilhaft ist, dass so die Nebenwirkungen von Tesaglitazar reduziert werden. Gleichzeitig erhöhen sich die Effekte auf den Zuckerstoffwechsel. Der neue Wirkstoff wurde bereits erfolgreich im Tiermodell getestet.

Trick für therapeutische Nutzung

Die Insulinsensitivität und der Glukose- und Fettstoffwechsel bei Patient:innen mit Typ-2-Diabetes werden durch Tesaglitazar verbessert, da der Wirkstoff zwei Rezeptoren im Zellkern aktiviert. Jedoch traten unter Behandlung unerwünschte Nebenwirkungen auf, etwa Anzeichen einer Nierenschädigung. Durch die biochemische Bindung an das bereits seit Jahren erfolgreich eingesetzte Magen-Darm-Hormon GLP-1 werde Tesaglitazar aus Geweben ferngehalten, in denen es schädliche Effekte habe, so der für die Studie verantwortliche Autor PD Dr. Timo Müller, Direktor des Instituts für Diabetes und Adipositas und DZD-Wissenschaftler. Das kombinierte Medikament kann so nur in Zellen und Gewebe mit dem Rezeptor für GLP-1 eingeschleust werden.

Potenzial zur Behandlung

Erfolgreich getestet wurde der neue Wirkstoff an adipösen und diabetischen Mäusen. Er verbesserte den Zuckerstoffwechsel stärker als eine alleinige Behandlung mit den einzelnen Hormonen GLP-1 oder Tesaglitazar. Schädliche Nebenwirkungen auf Leber oder Niere blieben aus. Besonders effektiv soll der Wirkstoff die Glukosetoleranz gesteigert haben. Laut den Forschern reichen minimale Dosierungen des neuen Wirkstoffs, um den Blutzuckerstoffwechsel nachhaltig zu verbessern. Er könne großes Potential zur akuten Behandlung von erhöhten Blutzuckerwerten bei Typ-2-Diabetes haben, so Aaron Novikoff, Erstautor der Studie.

Forscher:innen werden demnächst untersuchen, ob die neue Hormon-Kombination auch Potential zur Behandlung des Typ-2 Diabetes bei Menschen hat. Zudem werde geprüft, ob die Wirksamkeit dieser neuen Kombinationstherapie durch weitere biochemische Modifikation weiter optimiert werden könne.

Gesunde Lebensweise ist wichtig

Grund für die Erkrankung an Typ-2-Diabetes ist meist eine Kombination aus erblicher Veranlagung, ungesunder Ernährung und Bewegungsmangel. Folglich kann das zu einer Insulinresistenz führen: Die Körperzellen sprechen schlechter auf das Hormon Insulin an. Insulin schleust Glucose aus dem Blut in die Zellen, die diese als Energiequelle benötigen. Liegt eine Insulinresistenz vor, geschieht das nur unzureichend und der Zuckerwert im Blut steigt an.

Zusätzlich zu wichtigen Medikamenten zur Senkung des Blutzuckerwertes kommt es auch auf das Verhalten des/der Patienten/in an. Maßgeblich zur Besserung des Krankheitsbildes tragen eine gesunde Ernährung und ausreichend Bewegung bei. Die Stoffwechsellage kann sich wieder verbessern und gefährliche Langzeitfolgen können verhindert werden. Betroffene, die auf Medikamente angewiesen sind, haben nicht selten auch mit Nebenwirkungen zu kämpfen. Metformin zur Behandlung des Typ-2-Diabetes verursacht sehr häufig Beschwerden im Verdauungstrakt wie Übelkeit, Erbrechen, Durchfall und Bauchschmerzen. Insulintherapien können Hypoglykämien mit Verwirrtheit, Kopfschmerzen und Übelkeit auslösen, zudem sind lokale allergische Reaktionen keine Seltenheit.