Tuberkulose

Pharma-Prof im Sicherheitslabor Eva-Maria Lippke, 13.01.2016 08:05 Uhr

Berlin - 

Forscher vom Pharmazeutischen Institut der Martin-Luther-Universität in Halle/Saale erhalten 210.000 Euro für die Entwicklung neuer Wirkstoffe gegen Tuberkulose. Die Stiftungsgelder stammen aus der Tres Cantos Open Lab Foundation, die 2010 von GlaxoSmithKline (GSK) ins Leben gerufen wurde. Außerdem können die Wissenschaftler ihre Versuchsreihen in die Hochsicherheitslabore der Stiftung verlegen.

Seit fünf Jahren forschen die Wissenschaftler unter Leitung von Professor Dr. Peter Imming an neuen Stoffen zur Hemmung und Abtötung der lebensgefährlichen Mykobakterien. Jetzt haben die Pharmazeuten Moleküle aus der Gruppe der Cyclopeptide entdeckt, die die Bakterien bezwingen könnten. Erste Laborversuche hätten außerdem gezeigt, dass die ringförmigen Proteine menschliche Zellen nicht schädigten, berichtet Imming.

Es gelte nun, die Wirkstoffe weiterzuentwickeln und den genauen Mechanismus zu identifizieren. Die neuen Substanzen wurden in den universitätseigenen Laboren hergestellt. Für weiterführende Tests benötigen die Forscher aber mulitresistente Erreger, die nur in Laboren mit höchster Sicherheitsstufe verwendet werden dürfen. Diese werden ihnen im spanischen Tres Cantos zur Verfügung gestellt. Auch andere wissenschaftliche Einrichtungen können die Wissenschaftler dort auf Kosten der Stiftung nutzen.

Tuberkulose-Erreger sind stäbchenförmige Bakterien und besonders pathogen, weil sie ausgeprägte Immunantworten auslösen. Trotz großer medizinischer Fortschritte seit der Entdeckung durch Robert Koch im Jahr 1882 ist Tuberkulose neben Malaria und HIV eine der häufigsten Infektionskrankheiten weltweit, zusätzlich die häufigste zum Tod führende behandelbare bakterielle Infektionskrankheit bei Jugendlichen und Erwachsenen. Bei HIV-Infizierten ist sie die führende Todesursache.

Tuberkulose wird ausschließlich mit einer Kombinationstherapie behandelt, denn die Bakterien teilen sich sehr langsam in einem Zyklus von 16 bis 20 Stunden. Zusätzlich sind die Erreger von einer dicken Zellwand umgeben. Diese muss erst überwunden werden Die Resistenzen gegen einzelne Arzneimittel nehmen laut Robert-Koch-Institut (RKI) stetig zu. Gerade die Kombinationstherapie kann dem Ausfall eines Wirkstoffes durch Resistenzentwicklung entgegenwirken.

Kombiniert werden Wirkstoffe, die verschiedene Zielstrukturen zu unterschiedlichen Zeitpunkten angreifen. Als orale Standardtherapie stehen zurzeit Isoniazid, Rifampicin, Ethambutol und Pyrazinamid zur Verfügung. Diese werden initial zusammen für zwei Monate appliziert, danach folgt eine Stabilisierungsphase mit den beiden Wirkstoffen Isoniazid und Rifampicin. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) nennt Streptomycin als Second-line-Therapie, da es nicht oral verabreicht werden kann.

Laut WHO erkranken jährlich fast neun Millionen Menschen an Tuberkulose, etwa 1,4 Millionen Patienten sterben. Hauptgrund ist meist die unzureichende Behandlung. Etwa 85 Prozent der Betroffenen leben in der westlichen Pazifikregion, Südostasien und Afrika. Eine Ursache für die Schwierigkeiten in der Bekämpfung von Tuberkulose sind die wachsenden Resistenzmechanismen der Tuberkulosebakterien. Zusätzlich alarmierend und erschwerend sind die steigenden Zahlen an Koinfektionen von Tuberkulose und HIV.