Konditionierungstherapie

Trecondi vor Stammzelltransplantationen APOTHEKE ADHOC, 05.07.2019 15:17 Uhr

Neue Therapieoption von Medac: Treosulfan zeichnet sich durch eine vergleichbare Intensität und antileukämische Wirkung aus, weist aber gleichzeitig eine deutlich reduzierte Toxizität auf. Foto: APOTHEKE ADHOC
Berlin - 

Die EU-Kommission erteilt Medac die Zulassung für Trecondi (Treosulfan) in Kombination mit Fludarabin als Konditionierungstherapie vor allogenen hämatopoetischen Stammzelltransplantationen (alloHSZT) bei Erwachsenen mit malignen und nicht-malignen Erkrankungen sowie bei Kindern ab einem Monat mit malignen Erkrankungen.

Die allogene, hämatopoetische Stammzelltransplantation ist die einzige, potenziell erfolgreiche Therapieoption für eine Reihe von tumorösen Erkrankungen. Bevor die Transplantation durchgeführt werden kann, muss beim Empfänger einige Tage vorher eine Chemo- oder Strahlentherapie durchgeführt werden. Durch diese Konditionierungstherapie werden Krebszellen, Immunzellen und Blutstammzellen des Patienten abgetötet. Als bisheriger Standard gelten hier myeloablative, hochdosierte, toxische Behandlungen, die für viele Risikogruppen allerdings nicht in Frage kommen.

Mit der treosulfanbasierten Reduced-Toxicity Konditionierung (RTC) ist nun europaweit eine neue Therapieoption zugelassen: Treosulfan zeichnet sich durch eine vergleichbare Intensität und antileukämische Wirkung aus, weist aber gleichzeitig eine deutlich reduzierte Toxizität auf. Hiervon sollen insbesondere Risikogruppen profitieren, die von den myeloablativen Verfahren ausgeschlossen sind. Die Hauptindikationen für eine Konditionierung mit Treosulfan vor alloHSZT bei erwachsenen Patienten sind Hämoglobinopathien wie beispielsweise Sichelzell-Anämie, Thalassämie major und Fanconi-Anämie, primäre Immundefekte, das Hämophagozytotische Syndrom, das Immundefizienz-Syndrom und die Knochenmarkinsuffizienz.

Treosulfan ist ein Prodrug und gehört zu den sogenannten „bifunktionellen Alkylantien“. Obwohl es eine strukturelle Ähnlichkeit zu Busulfan aufweist, ist der Wirkmechanismus aufgrund der zwei Hydroxylgruppen unterschiedlich. Im Körper erfolgt eine enzymunabhängige, intramolekulare, nukleophile Substitution. Der Epoxid-Ring schließt sich und es wird jeweils ein Molekül Methansulfonsäure abgespalten. Die daraus resultierenden Verbindungen sind die wirksamen Reaktionsprodukte, die an biologische Makromoleküle binden und dadurch die antiproliferative und zytotoxische Wirkung ausmachen.

Die Zulassung stützt sich auf die Daten einer Phase-III-Studie an Erwachsenen und einer Phase-II-Studie, die bei Kindern durchgeführt wurde. Die an Erwachsenen durchgeführte Studie ist aktuell die größte, internationale, prospektive Phase-III-Studie zur Konditionierungstherapie mit Treosulfan. Teilnehmer waren 570 vorwiegend ältere und zum Teil komorbide Patienten mit akuter myeloischer Leukämie (AML) und Myelodysplastischem Syndromen (MDS), bei denen eine alloHSZT indiziert war. Untersucht wurde Treosulfan mit Fludarabin als Alternative zu der intensitätsreduzierten Busulfan-Fludarabin-Therapie.

Das Studienziel wurde vorzeitig erreicht und auch im Hinblick auf die sekundären Endpunkte der Studie gab es Vorteile zu verzeichnen: Nach zwei Jahren war das ereignisfreie Überleben in der Treosulfangruppe mit knapp 66 Prozent signifikant höher als bei der Kontrollgruppe mit der busulfanbasierten Konditionierungstherapie (51 Prozent). Das Gesamtüberleben war beim treosulfanbasierten Regime mit knapp 73 Prozent ebenfalls deutlich höher als beim Busulfan-Vergleichsarm mit nur etwa 60 Prozent. Bei der Konditionierungstherapie mit dem beim treosulfanbasierten Regime zeigten sich nach zwei Jahren somit Überlebensraten von mehr als 70 Prozent.

In der Phase-II-Studie bei 70 pädiatrischen Patienten im Alter von 28 Tagen bis 18 Jahren mit bösartigen Bluterkrankungen zeigte sich ebenfalls der positive Effekt bei der Konditionierung mit Treosulfan: In der Studie erreichten 98,6 Prozent der Patienten 100 Tage nach der HSZT den primären Endpunkt des Ausbleibens von transplantationsbedingter Mortalität (TRM).