Arzneimittelmissbrauch

Studenten: „Dopingmittel“ aus der Apotheke APOTHEKE ADHOC, 17.09.2015 12:44 Uhr

Berlin - 

Ab und an mal ein Aufputschmittel einwerfen, um über Nacht noch den Stoff für die nächste Prüfung in den Kopf zu bekommen. Oder um die letzten Tage vor der Abgabe der Hausarbeit noch einmal aus den Vollen schöpfen zu können. Manche Studenten greifen gerne zu den „kleinen Helferlein“, damit sie ihre Aufgaben schaffen. Weit verbreitet ist diese Praxis unter deutschen Studenten nicht, allerdings werden auch Medikamente aus der Apotheke missbraucht. Das zeigt eine neue Studie des Deutschen Zentrums für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW).

Die vom vom Bundesgesundheitsministerium (BMG) beauftragte Umfrage unter den Studenten sollte ermitteln, wie oft tatsächlich zu Aufputsch- und Beruhigungsmitteln gegriffen wird. Das Ergebnis: Nur 6 Prozent nutzen nach eigenen Aussagen verschreibungspflichtige Medikamente oder illegale Drogen, um sich fürs Studium zu „dopen“. Dieser Schnitt ist vergleichbar mit dem der vergangenen Jahre: Vor vier Jahren waren es bei der ersten Erhebung 5 Prozent. An der Online-Befragung nahmen rund 6700 Studenten teil.

Der leistungssteigernde Konsum von Rx-Medikamenten oder illegalen Drogen wird als „Hirndoping“ bezeichnet. Am häufigsten werden verschreibungspflichtige Schlaf- beziehungsweise Beruhigungsmittel verwendet (31 Prozent). Ebenfalls verbreitet ist der Einsatz von Cannabis (29 Prozent) und von Antidepressiva (27 Prozent). Etwa 20 Prozent der Hirndopenden greift zu Methylphenidat oder Schmerzmitteln. Illegale Drogen wie Kokain, Ecstasy oder Methamphetamine spielen eine vergleichsweise geringe Rolle (2 beziehungsweise 1 Prozent).

Die Daten für die Studie „Formen der Stresskompensation und Leistungssteigerung im Studium“ wurden im Wintersemester 2014/15 erhoben. Auch die regelmäßige Einnahme von frei verkäuflichen Mitteln (Koffeintabletten, Energy Drinks, Vitaminpräparaten, Schlaf-, Beruhigungs- oder Schmerzmitteln, homöopathischen oder pflanzlichen Substanzen) ist nicht viel höher: 8 Prozent der Studierenden betreiben „Soft-Enhancement“. Im Vergleich zur letzten Erhebung ist eine Steigerung von 3 Prozentpunkten zu verzeichnen. Besonders beliebt sind hierbei Vitaminpräparate.

Zu den „Hirndopenden“ gehören Frauen und Männer gleichermaßen. Wenn es allerdings um das „Soft-Enhancement“ geht, ist der Anteil der Frauen höher (10 vs. 6 Prozent). Als Bezugsquellen gaben 53 Prozent Apotheken an, noch einmal 30 Prozent holten sich zuvor eine ärztliche Verschreibung.

Die Autoren der Studie gehen zwar davon aus, dass auch die Verschreibungen letztlich in der Apotheke eingelöst wurden, rechnen aber nur mit einem festen Anteil von insgesamt 69 Prozent. Medikamente und illegale Drogen werden zudem noch über Freunde und Bekannte beschafft.

„Soft-Enhancer“ werden zu 63 Prozent aus der Apotheke bezogen, auch die Drogerien liegen vorn. Als weitere Bezugsquellen wurden – allerdings mit geringerem Anteil – unter anderem Verwandte, das Internet, Kommilitonen und der Einzelhandel angegeben. Zudem zeigte die Studie, dass Frauen häufiger in die Apotheke oder Drogerie gehen und Männer sich häufiger an Freunde, Bekannte oder Kommilitonen wenden.

Gründe für das Hirndoping sind vor allem erhöhter Stress sowie generelle Unzufriedenheit und Belastung. Diejenigen, die zu den „Hirndopenden“ gehören, seien zudem schlechter unter ihren Kommilitonen integriert. Ihre eigene Studienleistung schätzen sie ebenfalls schlechter ein. Der Studie zufolge dopten sich Studenten der Rechts- und Wirtschaftswissenschaften besonders häufig, Ingenieurwissenschaftler hingegen am seltensten.

Zum Vergleich wurde auch der Alkohol- und Nikotinkonsum erfragt. Insgesamt rauchen 25 Prozent der Studierenden, unter den „Hirndopenden“ sind es sogar 47 Prozent, unter den „Soft-Enhancenden“ 27 Prozent.

Ebenso deutlich sind die Unterschiede in den Trinkgewohnheiten. 50 Prozent der „Hirndopenden“ trinken mindestens einmal pro Woche Alkohol. Bei den „Soft-Enhancenden“ ist der Anteil mit 30 Prozent deutlich geringer. Von den „Nicht-Anwendenden“ nehmen 36 Prozent mindestens einmal in der Woche Alkohol zu sich.