Stillzeit

Muttermilch: Waffe gegen Bakterien und Viren Deniz Cicek-Görkem, 03.07.2017 09:14 Uhr

Berlin - 

Stillen ist gesund und bringt gesundheitliche Vorteile für das Baby. Während die Nahrungsaufnahme von Kindern und Erwachsenen in der Öffentlichkeit nicht hinterfragt wird, sieht es bei Säuglingen anders aus. Eine aktuelle Studie zeigt, dass jeder Vierte skeptisch gegenüber öffentlich stillenden Müttern ist.

Muttermilch enthält neben lebensnotwendigen Nährstoffen auch die Antikörper Immunglobulin A (IgA) und G (IgG) sowie abwehrfördernde Enzyme wie Lysozym. Zudem enthält das erste Nahrungsmittel der Säuglinge das eisenbindende Glykoprotein Lactoferrin. Dieses kann Bakterien, die das Metall für die Verdopplung der DNA benötigen, entziehen. Dadurch wird auch die Expression von Virulenzfaktoren gehemmt.

Lactoferrin wirkt unter anderem antimikrobiell, abwehrstärkend, entzündungshemmend und antioxidativ. Es besitzt eine stark bakteriostatische und bakterizide Wirkung gegen gramnegative sowie grampositive Bakterien, dazu gehören E.coli, Staphylococcuc-, Helicobacter-, Salmonellen- und Enterobacter-Arten sowie auch der Krankenhauskeim Pseudomonas aeruginosa. Außerdem ist das Protein, das aus mehr als 700 Aminosäuren besteht, effektiv gegen antibiotikaresistente Erreger.

Der Reflex der Milchejektion einer stillenden Mutter wird von der Oxytocinkonzentration gesteuert. Oxytocin-Rezeptoren (OXTR) befinden sich unter anderem in den Myoepithelzellen der Milchdrüsen. Das Neuropeptid erhöht nicht nur den Milchfluss beim Saugen des Säuglings, sondern verstärkt auch die emotionale Bindung zwischen Mutter und Kind. Stillen ist daher nicht nur zur Nahrungszufuhr da, sondern hat auch eine soziale Funktion.

Da der Hunger der Kleinen nicht aufschiebbar ist, kommt es im Alltag auch dazu, dass Mütter ihre Säuglinge öffentlich stillen. Doch was sagen Außenstehende dazu? Um festzustellen, wie öffentliches Stillen in Deutschland wahrgenommen wird, wurde vom Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) eine Studie in Auftrag gegeben. Dazu wurden Interviews mit Frauen zu ihren Erfahrungen beim Stillen in der Öffentlichkeit durchgeführt. Außerdem wurden mehr als 1300 Personen – inklusive mehr als 300 Müttern mit kleinen Kindern – zu diesem Thema online befragt.

Die Umfrage ergab, dass etwa zwei Drittel der stillenden Mütter zumindest gelegentlich in der Öffentlichkeit stillen. 6 Prozent der stillenden Mütter hatten eher oder sehr negative Erfahrungen gemacht. Jeder Zweite nahm Mütter, die in der Öffentlichkeit stillen, gar nicht wahr. 6 Prozent der Befragten gaben an, sich an dem Anblick zu stören. Mehr als ein Viertel hatte eine unentschlossene bis ablehnende Haltung.

Insbesondere in Restaurants und Cafés bestand eine Diskrepanz zwischen der Akzeptanz des Stillens und dem Stillverhalten von Müttern. Für jede Zehnte der Befragten, die bereits abgestillt hatten, war die ablehnende Haltung in der Öffentlichkeit ein Grund für das Abstillen. Die Untersuchung konnte keine eindeutig zu charakterisierende Gruppe von Personen identifizieren, die das Stillen in der Öffentlichkeit ablehnt.

Im Auftrag des Bundesernährungsministeriums hat die Nationale Stillkommission (NSK), die am BfR angegliedert ist, gemeinsam mit weiteren Experten drei positive Kernbotschaften ausgearbeitet: „Stillen ist gesund“, „Stillen wird überall akzeptiert“ und „Stillen kann nicht warten“.

Ziel sei es, das Stillen in der Öffentlichkeit mithilfe medialer Kampagnen zu fördern und Vorteile sowie Normalität des Stillens in das Bewusstsein der Allgemeinbevölkerung zu rücken. Frauen sollen dazu ermutigt werden, uneingeschränkt in der Öffentlichkeit zu stillen.

Die Fachleute fordern ein „duales Konzept“: Zum einen soll öffentlich auf die Normalität des Stillens hingewiesen werden. Zum Anderen sollen mehr gut gekennzeichnete Stillräume und stillfreundliche Orte für Mütter geschaffen werden und leicht zu finden sein, beispielsweise über eine Smartphone-App. In der Schweiz werde das mit der sogenannten „Mamamap“ umgesetzt: Mütter können dadurch schnell Stillorte in ihrer Nähe finden. Auch seien Initiativen aus Australien, Großbritannien und Irland bekannt, wo Geschäftsinhaber ihren Läden mit Aufklebern als „stillfreundlich“ kennzeichnen können.