Atorvastatin, Simvastatin & Co

Statine können Autoimmunerkrankung auslösen Sandra Piontek, 24.10.2023 15:05 Uhr

Statine können viele Nebenwirkungen haben. Foto: roger-ashford-stock.adobe.com
Berlin - 

Statine werden als Cholesterin- bzw. Lipidsenker weltweit eingesetzt und häufig präventiv verschrieben. Die als „Goldstandard“ bezeichneten Arzneimittel für die Behandlung von schädlichem Cholesterin oder LDL bergen jedoch einige Tücken: Die Anwendung von Statinen für die Primärprävention wird seit Jahren in Fachkreisen heftig diskutiert. Nun informiert auch die Britische Arzneimittelbehörde (MHRA) darüber, dass Statine eine Autoimmunkrankheit auslösen oder eine bestehende verschlechtern können. Dabei seien laut Fallberichten aus Großbritanien die Symptome nicht immer reversibel.

Die MHRA macht darauf aufmerksam, dass Statine eine sogenannte „Myasthenia gravis (MG)“ auslösen können. Zudem kann eine bereits bestehende MG oder okuläre Myasthenie verschlechtert werden. MG ist eine seltene autoimmun vermittelte neuromuskuläre Erkrankung, die durch fluktuierende Muskelschwäche und Kurzatmigkeit charakterisiert ist.

Typische Symptome:

  • Schwäche der Muskeln im Augen-, Gesichts- oder Extremitäten-Bereich
  • hängende Augenlider
  • Schluck- und Kauschwäche
  • Schwierigkeiten den Nacken zu halten
  • Doppelbilder
  • Sprechstörungen

Auslösende Statine können sein: Atorvastatin, Fluvastatin, Lovastatin, Rosuvastatin und Simvastatin.

Nach Absetzen der Medikation konnte, laut Fallberichten aus Großbritannien, bei den meisten Betroffenen eine Genesung beobachtet werden. Bei wenigen blieben jedoch weiterhin Symptome bestehen. Dabei zeigen sich erste Anzeichen nach wenigen Tagen bis zu drei Monate nach Beginn der Statinbehandlung.

Deswegen ist es wichtig, dass Personen mit vorbestehender MG bei Anwendung eines Statins darauf hingewiesen werden, auf eine Symptomverschlechterung zu achten. Bei einer Verschlimmerung der MG-Symptome sollten Statine nach ärztlicher Rpcksprache abgesetzt werden.

Noch sei nicht bekannt, ob unterschiedliche Statine, eine unterschiedliche Anwendungsdauer oder unterschiedliche Dosierungen Einfluss auf das Risiko haben. „Über das Risiko einer Auslösung oder Verschlimmerung einer MG oder okulären Myasthenie wurde im Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC) der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) bereits im Januar dieses Jahres diskutiert und die Aufnahme dieses Risikos in die Fachinformationen Statinhaltiger Arzneimittel (einschließlich Fixkombinationen) empfohlen. Die Häufigkeit ist nicht bekannt“, heißt es in einem Informationsschreiben der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ).

Zum Hintergrund

Statine gehören zu den Hemmern der HMG-CoA-Reduktase, dieses Enzym spielt eine Rolle in der Cholesterinneusynthese. Es unterdrückt die Bildung des Cholesterins, dies wird mit einer verstärkten Aufnahme aus dem Blutplasma kompensiert. Die Arzneimittel sind bei Hypercholesterinämie und zur Vorbeugung kardiovaskulärer Ereignisse indiziert. Eine Empfehlung zur Primärprävention für sonst Gesunde wird ausgesprochen, wenn die Betroffenen bestimmte Risikofaktoren aufweisen. Zum Einsatz kommen beispielsweise Simvastatin, Atorvastatin, Lovastatin, Fluvastatin und Pravastatin. Die Therapie mit Statinen bewirkt eine deutliche Reduktion an Herzinfarkten und Todesfällen.