Rote-Hand-Brief

Organversagen unter Thalidomid APOTHEKE ADHOC, 10.11.2015 11:45 Uhr

Berlin - 

Bei Patienten über 75 Jahren, die mit Thalidomid behandelt werden, besteht ein erhöhtes Risiko für schwerwiegende Nebenwirkungen bis hin zu Organversagen. Das meldet Celgene in einem Rote-Hand-Brief. Die Initialdosis für ältere Patienten mit unbehandeltem multiplen Myelom muss daher halbiert werden. Der Hersteller fordert dazu auf, Verdachtsfälle von Nebenwirkungen umgehend zu melden.

Celgene muss die Dosierungsempfehlungen anpassen, nachdem in einer Phase-III-Studie bei älteren Patienten eine signifikant höhere Rate von schweren Nebenwirkungen festgestellt worden war. Bei den über 75-Jährigen lag die Rate bei 56 Prozent im Gegensatz zu 46 Prozent bei jüngeren Patienten. Auch die Rate von sogenannten Grad 5-Nebenwirkungen, also Todesfällen durch Organversagen, stieg bei älteren Patienten von 5 auf 10 Prozent.

Eine unabhängige Studie aus Frankreich hatte die Ergebnisse bestätigt. Bei einer Halbierung der Initialdosis von 200 mg auf 100 mg glich sich das Nebenwirkungsprofil der älteren Patienten wieder dem der unter 75-Jährigen an: Der Anteil der Todesfälle durch Organversagen sank auf das gleiche Niveau. Celgene weist aber darauf hin, dass insgesamt das Risiko für schwerwiegende Nebenwirkungen bei Patienten über 75 Jahren erhöht bleibt.

Thalidomid ist in Kombination mit Mephalan und Prednison zur Behandlung des unbehandelten multiplen Myelom für Patienten ab 65 Jahren zugelassen, sofern eine hochdosierte Chemotherapie nicht indiziert ist.

Die Studienergebnisse haben auch Auswirkungen auf die Dosis der Begleitmedikation. Im Rahmen der Studie wurden pro Kilogramm Körpergewicht 0,1 oder 0,2 mg Mephalan verwendet. Bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion wurde diese Dosis noch einmal halbiert; dies soll auch in der Praxis berücksichtigt werden.

Das Zytostatikum mit dem Handelsnamen Alkeran hatte in den vergangenen Monaten wegen Lieferengpässen für Schlagzeilen gesorgt. Weil Hersteller Aspen das Präparat zwischen Juli und Oktober nicht zur Verfügung stellen konnte, musste die Therapie von Patienten auf unbestimmte Zeit verschoben werden. Inzwischen ist das Produkt nach Aussage des Herstellers aber wieder lieferbar.

Mephalan wird vor allem in der Behandlung von Leukämien und Lymphomen zur Vorbereitung auf Stammzelltransplantationen eingesetzt. Haupteinsatzgebiet ist die Hochdosistherapie von Patienten mit Multiplem Myelom. Es ist in dieser Indikation nicht durch andere Substanzen zu ersetzen.