Quetiapin: Engpässe verlängert 08.10.2025 08:09 Uhr
Retardierte Quetiapin-haltige Präparate sind seit Langem von Engpässen betroffen. Alternativen fehlen, die Umstellung auf Filmtabletten ist nicht in jedem Fall möglich. Umso ernster ist die Tatsache, dass einige Hersteller Engpässe bei Quetiapin retard bis voraussichtlich Ende Januar verlängert haben.
Knapp 50 Engpässe sind für Quetiapin-haltige retardierte Präparate beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) gemeldet. Für Quetiapin Beta zu 50, 150, 200 und 300 mg wurden die Engpässe aufgrund von Produktionsproblemen vor Kurzem bis vorerst 31. Januar 2026 verlängert – die Erstmeldung erfolgte im Januar dieses Jahres. Auch Seroquel Prolong 200 mg wird voraussichtlich bis Mitte Januar knapp sein. Andere Hersteller haben die Lieferschwierigkeiten vor einigen Tagen bis Ende November oder Jahresende verlängert.
Die Ausfälle werden auf Produktionsprobleme, eine gestiegene Nachfrage und einen vermehrten Off-label-Use zurückgeführt. Dabei wird von einem Einsatz außerhalb der Indikation abgeraten. Im Blaue-Hand-Brief heißt es: „Aufgrund von Bedenken bezüglich der Langzeittherapie mit Quetiapin (d. h. bei Spätdyskinesie, metabolischen Komplikationen), widersprüchlicher Beobachtungen bezüglich der Wirkung bei nicht bestimmungsgemäßer Anwendung und aufgrund unzureichender aktueller Nachweise ist von einer Off-label-Anwendung von Quetiapin abzusehen.“
Quetiapin wird zur Behandlung von Schizophrenie und bipolaren Störungen angewendet. Das atypische Neuroleptikum besitzt antipsychotische und antidepressive Eigenschaften. Die Wirkung ist auf eine Blockade zentraler Dopamin-D2- und Serotonin-5HT2A-Rezeptoren zurückzuführen.
Alternativen sind gefragt
Möglich ist eine Umstellung auf nicht-retardierte Quetiapin-Präparate. Allerdings sind die Filmtabletten im Gegensatz zu den Retardtabletten nicht zur Behandlung depressiver Erkrankungen zugelassen. Außerdem kann die Compliance beeinträchtigt sein, denn Filmtabletten müssen in der Regel zweimal täglich angewendet werden, und zwar unabhängig von den Mahlzeiten. Quetiapin retard wird hingegen einmal täglich ohne Nahrung und im Ganzen geschluckt.
Eine weitere Möglichkeit sind Einzelimporte. Weil deren Kostenübernahme jedoch einige Wochen in Anspruch nehmen kann, wurden Ärzt:innen zu Jahresbeginn angehalten Privatrezepte auszustellen. Das Privatrezept könne von Patient:innen zur Kostenerstattung bei der Krankenkasse nachgereicht werden.
Die Kassenärztliche Vereinigung Schleswig-Holstein (KVSH) lieferte Informationen über die Möglichkeit des Einzelimportes nach § 73 Arzneimittelgesetz (AMG) aufgrund der Engpassmeldungen. Zunächst solle überprüft werden, ob das nicht verfügbare Medikament in der Lieferengpass-Datenbank des BfArM gemeldet ist. Sei dies nicht der Fall, könne von regional begrenzten Engpässen und einer Verfügbarkeit „in Kürze“ ausgegangen werden. Ist das Präparat gelistet und nicht durch eine andere indikationsgleiche, austauschfähige Darreichungsform ersetzbar, „hat die Apotheke die Nichtverfügbarkeit festzustellen und ggf. den Austausch gegen ein Präparat, das sie über einen Einzelimport nach § 73 AMG bezieht, zu veranlassen“, hieß es von der KVSH.
Kommen beide Alternativen nicht infrage, bleibt eine Umstellung auf einen anderen Arzneistoff.