In den USA bereits zugelassen

PrEP: EMA empfiehlt Lenacapavir 28.07.2025 15:25 Uhr

Berlin - 

Die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) hat die Zulassung von Yeytuo (Lenacapavir, Gilead) zur HIV-Präexpositionsprophylaxe (PrEP) für Erwachsene und Jugendliche mit hohem Infektionsrisiko empfohlen. Durch die nur zweimal jährliche Erhaltungstherapie könnte das Präparat die HIV-Prävention zukünftig deutlich vereinfachen. In den USA ist der Wirkstoff bereits zugelassen.

Laut EMA wurde die Bewertung aufgrund des großen globalen Gesundheitsproblems und des dringenden Bedarfs an neuen Präventionsmöglichkeiten beschleunigt durchgeführt. Im vergangenen Jahr hatte das Fachmagazin Science die Entwicklung des PrEP-Präparats zum „Breakthrough of the Year“ – dem wichtigsten Forschungsdurchbruch des Jahres – erklärt. In den USA ist Lenacapavir – als Yeztugo – seit Mitte Juni offiziell von der US-Arzneimittelbehörde FDA für Erwachsene und Jugendliche mit einem Körpergewicht von mindestens 35 Kilogramm zugelassen.

Höhere Therapietreue mit Yeytuo

Die Zulassungsempfehlung des Ausschusses für Humanarzneimittel (CHMP) stützt sich auf zwei große klinische Studien. In der Purpose-1-Studie wurden cisgeschlechtliche Frauen im Alter von 16 bis 24 Jahren eingeschlossen, darunter auch Schwangere und Stillende, die Sex mit cisgeschlechtlichen Männern haben. Sie wurden im Verhältnis zwei zu eins randomisiert. Demnach erhielten rund 2100 Teilnehmde Yeytuo und mehr als 1000 Proband:innen Truvada (Tenofovir/Emtricitabin, Gilead). Zum Zeitpunkt der primären Auswertung traten in der Yeytuo-Gruppe keine neuen HIV-Infektionen auf, während in der Truvada-Gruppe 16 Neuerkrankungen dokumentiert wurden.

In der darauffolgenden Purpose-2-Studie wurden Männer und geschlechtsdiverse Personen ab 16 Jahren, die Sex mit Männern haben, ebenfalls im Verhältnis zwei zu eins randomisiert: In der Yeytuo-Gruppe wurden zwei neue HIV-1-Infektionen festgestellt, in der Truvada-Gruppe neun.

Beide Studien zeigten zudem, dass Teilnehmende unter Lenecapavir eine höhere Therapietreue aufwiesen als jene, die täglich die Wirkstoffkombination Tenofovir/Emtricitabin einnahmen. Die häufigsten Nebenwirkungen von Yeytuo waren Reaktionen an der Injektionsstelle, etwa Schmerzen oder tastbare Knoten, die lange bestehen können.

Multifunktionelle Hemmung

Lenacapavir ist ein neuartiger Kapsid-Inhibitor, der gezielt an eine definierte Bindungstasche im HIV-1-Kapsidprotein bindet. Diese Bindung stört mehrere zentrale Vorgänge im Replikationszyklus des Virus, wie den Eintritt des viralen Genmaterials in den Zellkern, den intrazellulären Transport des Viruskomplexes und die Reifung neuer Viruspartikel. Durch diese multifunktionelle Hemmung unterscheidet sich Lenacapavir deutlich von bisherigen Substanzen in der HIV-Prävention.

Zur Präexpositionsprophylaxe beginnt die Behandlung mit einer Initialphase: Am ersten Tag werden zwei Tabletten à 300 mg oral eingenommen und gleichzeitig eine subkutane Injektion mit 927 mg verabreicht (zwei Injektionen à 1,5 ml). Am zweiten Tag folgen nochmals zwei Tabletten à 300 mg. Die orale Gabe sorgt für eine schnelle Wirkstoffkonzentration, da die subkutane Depotform verzögert wirkt. Anschließend genügt alle sechs Monate eine subkutane Injektion, um eine langfristig wirksame Konzentration im Körper aufrechtzuerhalten.

Vor jeder Verabreichung ist ein aktueller negativer HIV-Test erforderlich, da Lenacapavir ausschließlich zur Vorbeugung bestimmt ist und bei einer bestehenden Infektion die Gefahr einer Resistenzentwicklung besteht.