Nebenwirkungen

Pandemrix: Hirninfarkt ist kein Impfschaden APOTHEKE ADHOC, 14.11.2018 11:48 Uhr

Berlin - 

Nach einer Impfung mit dem Schweinegrippe-Impfstoff Pandemrix (GlaxoSmithKline) erlitt ein 53-jähriger Patient einen Hirninfarkt, daraus resultierend kam es zu einer Halbseitenlähmung. Er ging vor Gericht und forderte eine Beschädigtenversorgung nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG). Das Bayerische Landessozialgericht entschied in zweiter Instanz, dass sein Fall nicht als Impfschaden zu bewerten ist und folgte damit dem Urteil des Sozialgerichts Bayreuth.

Millionen Menschen in Europa ließen sich 2009 mit dem Impfstoff Pandemrix gegen die Schweinegrippe (H1N1-Influenzavirus) impfen; einer davon war der Kläger im aktuellen Fall, der sich Anfang November 2009 immunisieren lassen hatte. Eine Woche nach der Impfung kam es beim Kläger zu einem Hirninfarkt, der intensivmedizinisch behandelt werden musste. Die Ärzte nannten als weitere Diagnosen eine „Dissektion beziehungsweise thrombembolischer Verschluss der distalen interkraniellen Arteria carotis li.” sowie eine benigne essentielle Hypertonie und eine hypertensiven Krise.

Anschließend befand sich der Kläger bis Juni 2010 in stationärer neurologischer Rehabilitationsbehandlung beziehungsweise stationärer Anschlussheilbehandlung. Wegen der aus dem Infarkt resultierenden Halbseitenlähmung wurde beim Betroffenen ein Grad der Behinderung von 70 festgestellt. Im Februar 2012 beantragte er eine Versorgung nach §§ 60 ff. IfSG, da er den Infarkt auf die Impfung mit Pandemrix zurück führte. Nach diesem Gesetz wird ein Impfschaden definiert als die „gesundheitliche und wirtschaftliche Folge einer über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung durch die Schutzimpfung”. Ein Impfschaden liegt allerdings auch vor, wenn mit vermehrungsfähigen Erregern geimpft wurde und eine andere als die geimpfte Person geschädigt wurde. Gemäß der Rechtsprechung setzt die Anerkennung als Impfschaden eine mindestens dreigliedrige Kausalkette voraus.

Ein ärztlicher Gutachter kam im Juli 2012 zu der Einschätzung, dass es sich bei dem Hirninfarkt mit großer Wahrscheinlichkeit um eine „rein zufällige, zeitlich relativ nahe beieinanderliegende Koinzidenz einer Impfung mit einer schicksalshaften Erkrankung” handle. Carotisdissektionen seien nicht als Nebenwirkung einer Pandemrix-Impfung beschrieben. Eine Anerkennung nach dem IfSG könne er nicht empfehlen. Ein weiterer Psychiater bestätigte dies.

Auch dieser sagte, dass ein Hirninfarkt als Nebenwirkung des Influenza-Impfstoffs nicht beschrieben werde. In sehr seltenen Fällen werde zwar eine Vaskulitis angegeben, allerdings seien die Entzündungswerte des Klägers jedoch erst fünf Tage nach dem Hirninfarkt angestiegen. Als Ursache dafür seien Keime nachgewiesen und mit einem Antibiotikum erfolgreich behandelt worden. „Ein kausaler Zusammenhang zwischen der Dissektion der Arteria carotis mit dem nachfolgenden Hirninfarkt einerseits und der eine Woche zuvor durchgeführten Impfung andererseits sei als unwahrscheinlich anzusehen”, zitieren die Richter. Im Oktober 2012 wurde der Antrag auf Beschädigtenversorgung abgelehnt.

Doch der Kläger legte Widerspruch ein. Seiner Ansicht nach sei der Hirninfarkt eine „unübliche” Impfreaktion. Er sei bei der Impfung vollkommen gesund gewesen. Er führte aus, dass es für die Kausalitätsfrage unbedeutend sei, ob ein Hirninfarkt als Nebenwirkung des Impfstoffes gelistet werde oder nicht. Er wies darauf hin, dass in der Datenbank des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) 16 Fälle von Hirninfarkt im zeitlichen Zusammenhang mit Impfungen dokumentiert worden und als Impfreaktion bekannt. Außerdem sei er über das Risiko der Impfung weder mündlich noch schriftlich aufgeklärt worden; die Impfung sei in seinen Augen nicht rechtskonform erfolgt.

Die Richter unterstützten in ihrer Argumentation die Stellungnahme des Psychiaters. Dieser erklärte, dass ein Hirninfarkt beziehungsweise ein thromboembolischen Verschluss der Arteria carotis als Komplikationen nach einer Grippeschutzimpfung in der Literatur nicht genannt und bekannt seien. Zudem sei der Gefäßverschluss nicht unmittelbar nach der Impfung, sondern erst eine Woche später aufgetreten. Auch seitens des PEI oder Robert-Koch-Instituts gäbe es keine anderweitigen Bewertungen. Das Gericht entschied, dass der Schlaganfall nicht in einem kausalen Zusammenhang mit der Grippeschutzimpfung steht und es daher zu keinem Primärschaden durch das Vakzin gekommen ist. Der Widerspruch des Patienten wurde zurückgewiesen. Eine Revision kann er nicht einlegen.