Forschung

Neues Stammzell-Rezept ohne Krebsgen dpa, 30.06.2008 12:28 Uhr

London/Münster/Aachen - 

Forscher aus Münster und Aachen haben im Tierversuch ein einfacheres Rezept zur Rückprogrammierung von Körper- zu Stammzellen gefunden. Dadurch lässt sich auf ein bislang benötigtes Krebsgen verzichten, berichtet die Gruppe um Professor Dr. Hans Schöler vom Max-Planck-Institut für Molekulare Biomedizin in Münster und Professor Dr. Martin Zenke von der Universität Aachen im britischen Fachjournal „Nature“. Demnach lassen sich spezielle Zellen aus dem erwachsenen Mäusehirn mit nur zwei statt bislang vier so genannter Faktoren zu „induzierten pluripotenten Stammzellen“ (iPS-Zellen) umformen.

iPS-Zellen ähneln embryonalen Stammzellen so weitgehend, dass sie als möglicher Ersatz dafür gelten. Forscher hoffen, darin eine Alternative zur Gewinnung von Stammzellen aus zerstörten Embryonen zu finden.

Verschiedene Arten von Körperzellen sind bereits durch das gemeinsame Einschleusen von vier Genen zu iPS-Zellen zurückprogrammiert worden. Die Forscher aus Aachen und Münster experimentierten nun mit neuralen Stammzellen aus dem Hirn von Mäusen. Diese ließen sich, wie bisher bekannt, mit der Kombination aller vier Gene zu iPS-Zellen machen. Aber auch bei Kombinationen von jeweils drei dieser Gene zeigte sich dieser Erfolg, heißt es in „Nature“. Damit nicht genug, in weiteren Experimenten funktionierten auch zwei Zwei-Gen-Kombinationen. Auch die so geschaffenen iPS-Zellen ähneln embryonalen Stammzellen bis auf die molekulare Ebene.

Ein damit verbundener Fortschritt ist der mögliche Verzicht auf das Gen c-Myc, das in anderen Experimenten Tumore entstehen ließ. Dieses Ergebnis ihrer Studie heben die Autoren auch besonders hervor. Der Verzicht auf diese Erbanlage bringe die Forscher bei der Herstellung von zur Transplantation geeigneten iPS-Zellen einen Schritt weiter. „Dass wir jetzt nur noch zwei Faktoren brauchen, zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind“, betonte Schöler in einer Erklärung seines Instituts.

Die Nutzung neuraler Stammzellen für spätere Therapien sei zwar unwahrscheinlich, ergänzte er. Diese Zellen kämen vorwiegend im Gehirn vor. Sie lassen sich daher schlecht beim Menschen isolieren. „Dank der neuen Erkenntnisse können wir jetzt aber gezielter nach Zelltypen im Körper suchen, die sich ähnlich gut eignen, aber leichter zugänglich sind.“

Zudem sei es mit Hilfe neuraler Stammzellen deutlich leichter, nach chemischen Wirkstoffen zu suchen, die statt der bislang eingeschleusten Gene verwendet werden können, um die Reprogrammierung anzuschieben. Anders als beim Einschleusen von Genen lässt sich die Dauer und Stärke der Wirkung solcher kleinen Moleküle viel genauer steuern, erklären die Forscher.