Erste orale Medikation

MS: Aubagio ab 10 Jahren Alexandra Negt, 05.07.2021 14:53 Uhr

Aubagio (Teriflunomid, Sanofi-Aventis) kann zukünftig bereits ab einem Alter von 10 Jahren eingesetzt werden. Foto: Ralwell/ Shutterstock.com
Berlin - 

Sanofi hat von der EU-Komission für Aubagio (Teriflunomid) die Zulassungserweiterung für die Altersgruppe ab zehn Jahren bekommen. Es ist die erste Zulassung für eine orale Therapie bei schubförmig remittierender Multipler Sklerose (RRMS) für Kinder.

Die EU-Kommission hat Aubagio (Teriflunomid, Sanofi-Aventis) zur Erstlinienbehandlung von pädiatrischen Patienten im Alter von 10 bis 17 Jahren mit schubförmiger/remittierender MS (RRMS) zugelassen. Das Medikament ist seit 2013 in der EU zur Behandlung erwachsener MS-Patient:innen zugelassen.

Die Zulassung sei vor allem deshalb wichtig, da pädiatrische MS-Patient:innen im Vergleich zu erwachsenen MS-Patient:innen häufig mit höheren Rückfallraten und einer größeren Läsionsbelastung zu kämpfen haben. Zwar sei ein Krankheitsausbruch in einem Alter von zehn Jahren selten, der frühzeitige Behandlungsbeginn sei jedoch sehr wichtig für den Krankeitsverlauf, so Sanofi. „Pädiatrische Multiple Sklerose bleibt ein Bereich mit erheblichem ungedecktem medizinischem Bedarf“, sagte Erik Wallström, Leiter des Therapiebereichs Neurologieentwicklung. „Die europäische Zulassung von Aubagio in der Pädiatrie bedeutet, dass jungen Menschen mit MS eine neue Behandlungsoption zur Verfügung steht, und vor allem eine, die eine bedeutende Verbesserung bei der Behandlung dieser schweren Krankheit bieten kann.“

Die Zulassung basiert auf der Phase-III-Studie Terikids. In die Studie wurden 166 Patient:innen aus 22 Ländern mit eingeschlossen. Die Wirksamkeit und Verträglichkeit wurde in einer 96-Wochen-Therapiephase überprüft. Als primärer Endpunkt wurde die Zeit bis zum ersten klinischen Rückfall oder eine wieder auftretende hohe Entzündungsaktivität im MRT definiert. Es bestand unter Aubagio ein um 34 Prozent niedrigeres Risiko für einen Rückfall im Vergleich zu Placebo. Im Ergebnis war der primäre Endpunkt nicht signifikant.

Zu den häufigsten unerwünschten Nebenwirkungen zählten Bauchschmerzen, Alopezie und erhöhte Blut-Kreatin-Phosphokinase-Werte. Es kam darüber hinaus zu Infektionen im oberen Respirationstrakt und akuten Nasopharyngitiden. Teriflunomid gehört zu der Gruppe der Immunsuppressiva, genauer gesagt zu den Pyrimidin-Synthese-Hemmern. Strukturell ist das Molekül mit Leflunomid (Arava, Sanofi) – es ist der aktive Metabolit dieses Stoffes.

Frühzeitiger Therapiebeginn

Die Multiple Sklerose (MS) ist nach der Epilepsie die zweithäufigste neurologische Erkrankung junger Erwachsener. Oft wird das Leiden als „Krankheit mit tausend Gesichtern“ bezeichnet. Jede Lebensphase birgt für die Patienten neue Herausforderungen. Wichtig ist der frühzeitige Therapiebeginn. Allein in Deutschland leben eine Viertelmillion Menschen mit der aktuell noch unheilbaren Krankheit Multiple Sklerose. Rund zwei Drittel der Patienten, die MS haben, spüren erste Symptome zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr. Es kommt jedoch auch vor, dass Diagnosen in früheren Lebensjahren gestellt werden. So kann MS bereits im Kindes- und Jugendalter auftreten.

Krankheitsverläufe bei Kindern zeichnen sich meist durch eine insgesamt höhere entzündliche Aktivität aus. Doch Kinder erholen sich besser und schneller, ihre Regenerationsfähigkeit ist meist besser als bei erwachsenen Patienten. Trotz guter Medikation und engmaschiger Betreuung erreichen Patienten, die in frühen Lebensjahren erkranken, bislang immer noch rund zehn Jahre früher einen vergleichbaren Behinderungsgrad, wie MS-Patienten die erst zwischen dem 20. Und 40. Lebensjahr erkranken. Mediziner gehen davon aus, dass vor allem die Pubertät eine große Rolle bei der Ausprägung der Symptome spielt.