Abtreibungsmedikament

Mifepriston: US-Gericht setzt Zulassung aus dpa, 08.04.2023 09:37 Uhr

Ein Bundesgericht im US-Staat Texas hat die Zulassung des Abtreibungsmedikaments Mifepriston in den USA per einstweiliger Verfügung ausgesetzt. Nicht alle sind damit einverstanden. Foto: Talia /AdobeStock
Berlin - 

Ein Bundesgericht in Texas setzt die Zulassung für ein Medikament zur Abtreibung aus. Das könnte Konsequenzen für die gesamten USA haben. Der US-Justizminister will gegen die Entscheidung Berufung einlegen. Wird es ein Fall für das Oberste Gericht?

Ein Bundesgericht im US-Staat Texas hat die Zulassung des Abtreibungsmedikaments Mifepriston in den USA per einstweiliger Verfügung ausgesetzt. Der am Freitag erlassene Beschluss soll allerdings erst in sieben Tagen in Kraft treten, um der für die Zulassung von Medikamenten zuständigen Behörde die Möglichkeit zu geben, Berufung gegen die Entscheidung einzulegen, hieß es in dem Gerichtsbeschluss.

US-Justizminister Merrick Garland teilte am Freitag prompt mit, sein Ministerium sei mit der Entscheidung überhaupt nicht einverstanden und werde Berufung dagegen einlegen. Auch US-Präsident Joe Biden ließ wissen, dass seine Regierung gegen den Beschluss vorgehen werde. Beobachter:innen gehen davon aus, dass der Fall vor dem obersten Gerichtshof der USA landen wird.

Mifepriston könnte Zulassung verlieren

Mifepriston ist eines von zwei Medikamenten, die in den USA üblicherweise zusammen für den medikamentösen Schwangerschaftsabbruch eingesetzt werden. Sollte es die Zulassung verlieren, würde das auch für Staaten gelten, in denen Abtreibung erlaubt ist. Gegen die Zulassung des Medikaments geklagt hatten Abtreibungsgegner:innen.

Das Urteil in Texas wird als wichtigster Richterspruch im Kampf um das Recht auf Abtreibung in den USA gesehen, seit das Oberste Gericht im Juni in einer historischen Entscheidung das landesweite Recht auf Abtreibung gekippt hatte. Laut dem auf reproduktive Gesundheit spezialisierten Guttmacher Institut werden mehr als die Hälfte aller Abtreibungen in den USA medikamentös durchgeführt. Das Verbot erschwere den Zugang zu einem solchen Eingriff, warnten Kritiker:innen.

Die Gerichtsentscheidung in Texas widerspreche dem Expertenurteil der US-Arzneimittelbehörde FDA, dass Mifepriston „sicher und effektiv“ sei, sagte Garland am Freitag weiter. Das Justizministerium werde die Entscheidung der FDA auch weiterhin verteidigen. Zudem wolle das Ministerium eine Entscheidung aus dem Bundesstaat Washington prüfen.

Nur eine Stunde nach dem Richterspruch in Texas hatte laut einem Bericht der „New York Times“ ein anderes Bundesgericht im Bundesstaat Washington eine gegensätzliche Entscheidung erlassen, die von der Zulassungsbehörde verlange, keine Änderungen mit Blick auf den Zugang zu dem Medikament vorzunehmen.

Präsident Biden kritisierte die Entscheidung des Gerichts in Texas als „weiteren beispiellosen Schritt“, der Frauen grundlegende Freiheiten raube und ihre Gesundheit gefährde. Sollte der Beschluss Bestand haben, „würde er Frauen in allen Staaten den Zugang zu dem Medikament verwehren“, und zwar unabhängig davon, ob Abtreibung in einem Staat legal sei.

Mifepriston & Misoprostol für Schwangerschaftsabbrüche

Mifepriston wurde im Jahr 2000 in den USA zugelassen und bisher üblicherweise zusammen mit dem Medikament Misoprostol für Schwangerschaftsabbrüche eingesetzt. Misoprostol kann auch alleine zur Abtreibung eingesetzt werden. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt dieses Vorgehen, wenn Mifepriston nicht verfügbar ist. Laut dem Guttmacher Institut ist unklar, wie viele Ärzte auf diese Methode umsteigen würden. Mediziner:innen in den USA hätten damit weniger Erfahrung, sagte die Epidemiologin Heidi Moseson „Nature“.

Das Recht auf Abtreibung ist in den USA eines der umstrittensten politischen Themen. Vor allem die religiöse Rechte und weite Teile der republikanischen Partei versuchen seit Jahrzehnten, dieses Recht einzuschränken oder gar abzuschaffen. Der Richter im aktuellen Fall, Matthew Kacsmaryk, wurde von Ex-Präsident Donald Trump ernannt. Kritiker:innen fürchten, das Urteil könne die Tür für weitere Verbote von Abtreibungsmedikamenten oder sogar des Corona-Impfstoffs öffnen.