Säuglingsnahrung

Kinderärzte warnen: Kein Soja bei Babys APOTHEKE ADHOC, 06.06.2018 09:14 Uhr

Berlin - 

Mütter, die eine vegane Lebensweise pflegen, möchten ihre Ernährungsform häufig an ihr Neugeborenes weitergeben. In der Folge verzichten sie nach dem Abstillen auf Fertignahrung mit Kuhmilch; die Säuglinge erhalten stattdessen Produkte auf Basis von Sojamilch. Kinder- und Jugendärzte raten davon ab, derartige Säuglingsnahrung zu verwenden, wenn keine medizinische Notwendigkeit für die Kleinen besteht.

Sojabohnen enthalten unter anderem die Isoflavone Genistein und Daidzein, die eine chemisch-strukturelle Ähnlichkeit mit dem weiblichen Hormon Östrogen haben und damit die Rezeptoren für Östrogene im Körper besetzen kann. Aus tierexperimentellen Studien und Versuchen an Zellkulturen ist bekannt, dass beide Substanzen die Transkription der Catechol-O-Methyltransferase (COMT) herunterfahren. Dieses Enzym baut normalerweise Estradiol ab.

Säuglingsanfangs- und Folgenahrungen auf Basis von Sojabohneneiweiß sind diätetische Lebensmittel für die besondere Ernährung. Experten warnen vor deren unsachgemäßen Gabe: „Zum einen ist der Nährstoff- und Energiegehalt wesentlich geringer als in Mutter- oder Kuhmilch und zum anderen enthält Soja hormonähnlich wirkende Isoflavone, deren langfristige Wirkungen noch nicht geklärt sind. Sojanahrung sollte deshalb nur unter ärztlicher Aufsicht gegeben werden“, erklärt Professor Dr. Hans-Jürgen Nentwich, Kinder- und Jugendarzt sowie Mitglied des wissenschaftlichen Beirats beim Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ).

Wie die Ärzte des BVKJ mitteilen, haben US-Forscher bei weiblichen Babys, die mit Soja ernährt wurden, Veränderungen in der Entwicklung der Gebärmutter und des Scheidengewebes beobachtet und bei männlichen Babys eine veränderte Entwicklung der Brustknospung. Bei Tieren wirkte sich Soja auf die Fertilität aus.

Nach Ansicht der Ärzte sollten solche Produkte daher nur bei einer medizinischen Indikation eingesetzt werden: „Nur seltene Fälle von angeborenem vererbten Laktasemangel und die Stoffwechselstörung Galaktosämie können das Ausweichen auf eine Ernährung auf Sojabasis erforderlich machen. Eine Laktoseintoleranz ist in der Regel kein Grund, auf Säuglingsnahrung aus Soja auszuweichen. Auch Magen-Darm-Beschwerden sollten kein Anlass für Eltern sein, eigenständig auf Soja umzusteigen“, warnt Nentwich. Zudem könne Sojanahrung auch die Resorption von Mineralstoffen und Spurenelementen beeinflussen.

Die Übertragbarkeit der Ergebnisse vom Tier auf den Menschen wird dadurch erschwert, dass die verwendeten Tiere einen anderen Isoflavon-Stoffwechsel aufweisen als Menschen, beispielsweise bilden sie mehr beziehungsweise andere hormonell aktive Metaboliten. Die Verabreichung erfolgte in den Studien teilweise in isolierter Form oder nicht über die Nahrung. „In Experimenten mit Zellkulturen werden dagegen meist Aglykone der Isoflavone verwendet, obwohl im menschlichen Blut die Isoflavone regelmäßig als Glykoside vorliegen“, so das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR).

Wie sich eine erhöhte Zufuhr an Isoflavonen bei Säuglingen langfristig auswirkt, ist nicht abschließend geklärt. Aus Vorsorgegründen schließt sich das BfR der Empfehlung der Kinderärzte an. Danach sind Säuglingsnahrungen aus Sojaeiweiß kein Ersatz für Kuhmilchprodukte und deshalb nicht als erste Wahl empfehlenswert. Sojamilch ist nur wenig verwandt mit der Muttermilch und nicht gleichwertig in Bezug auf die enthaltenen Nährstoffe. Auch Milchnahrungen aus Mandeln sind für das Wachstum und die Entwicklung von Säuglingen ungeeignet.