Neuroleptika

Herzprobleme unter Quetiapin APOTHEKE ADHOC, 27.09.2016 14:14 Uhr

Kardiotoxisch? Unter Behandlung mit Quetiapin sollte auf Symptome einer Herzinsuffizienz geachtet werden. Foto: APOTHEKE ADHOC
Berlin - 

Unter Behandlung mit dem Neuroleptikum Quetiapon kann es zu Herzproblemen kommen. Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) berichtet über eine 39-jährige Patientin, die über vier Monate 800 mg pro Tag eingenommen und eine schwere Kardiomyopathie entwickelt hatte. Die Patientin war zuvor physisch gesund gewesen; andere potentiell kardiotoxische Noxen sind laut AkdÄ nicht dokumentiert.

Unter Behandlung mit Quetiapin verspürte die Patientin über mehrere Wochen zunehmende Luftnot. Die Symptomatik mündete in einen manifesten kardiogenen Schock. Nachdem andere mögliche Ursachen ausgeschlossen werden konnten, ergab sich der Verdacht auf eine durch Quetiapin induzierte Kardiomyopathie.

Die Patientin wurde auf Aripiprazol umgestellt; außerdem wurde die Herzinsuffizienz medikamentös behandelt. Die Trinkmenge wurde reduziert und körperliche Schonung verordnet. Die Beschwerden besserten sich; über sechs Monate konnte die Herzinsuffizienzmedikation ausgeschlichen werden.

Kardiomyopathien sind eine heterogene Gruppe von Krankheiten des Herzmuskels mit Funktionsstörungen des Herzens; eine Dilatation oder Hypertrophie der Herzkammern kann auftreten. Die Ursachen sind vielfältig und häufig genetisch. Medikamenteninduzierte Kardiomyopathien sind vor allem bei Chemotherapeutika bekannt, darunter Anthrazykline, Cyclophosphamid, 5-Fluorouracil, Paclitaxel, Trastuzumab und verschiedene Proteinkinase-Inhibitoren.

Bei den Antipsychotika kommen kardiotoxische Reaktionen zum Beispiel unter Clozapin vor, das mit Quetiapin strukturell verwandt ist. Die Inzidenz einer früh auftretenden Myokarditis wird mit weniger als 0,1 bis 1,0 Prozent angegeben. Später auftretende Kardiomyopathien sollen etwa zehnmal seltener auftreten.

In der Fachinformation Quetiapin-haltiger Arzneimittel wird unter „Besondere Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung“ auf Berichte über Kardiomyopathien und Myokarditiden hingewiesen; ein kausaler Zusammenhang mit Quetiapin ist aber bislang nicht belegt.

Einzelne Fallberichte sind publiziert, darunter zwei mit tödlichem Ausgang. Die Patienten waren zwischen 20 und 35 Jahre alt und nahmen zwischen 600 und 1000 mg Quetiapin pro Tag ein. Zum Teil erhielten sie Dosierungen, die über der empfohlenen Höchstdosis von 750 bis 800 mg lagen. Die kardialen Nebenwirkungen traten zwischen vier Monaten und vier Jahren nach Therapiebeginn auf.

In der Datenbank des deutschen Spontanmeldesystems sind außer dem dargestellten Fall nur einzelne Verdachtsberichte erfasst; eine Bewertung der Kausalität ist laut AkdÄ aber aufgrund unzureichender Informationen nicht möglich.

Quetiapin ist in Deutschland das mit Abstand am häufigsten verordnete Antipsychotikum. Zieht man die breite Anwendung in Betracht, ist anzunehmen, dass es sich um eine sehr seltene unerwünschte Wirkung handelt.

Da eine Kardiomyopathie aber schwerwiegend und auch tödlich verlaufen kann, sollte bei Symptomen einer Herzinsuffizienz unter Behandlung mit Quetiapin, wie Luftnot, eingeschränkter Belastbarkeit oder peripherer Ödeme, auch an eine Quetiapin-induzierte Kardiomyopathie gedacht werden. Entsprechende Verdachtsfälle sollten der Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) mitgeteilt werden.