Impfungen

Härtetest für das Immunsystem Arnd Petry, dpa, 12.09.2007 16:39 Uhr

Berlin - 

Kaum ein medizinisches Thema wird so leidenschaftlich diskutiert wie das Impfen: Für die einen ist es die Erfolgsgeschichte der modernen Medizin schlechthin, die anderen warnen vor den Nebenwirkungen. Da es in Deutschland keine Impfpflicht gibt, muss jeder selbst abwägen, gegen welche Krankheiten er sich präventiv schützen lassen will. Behörden bieten aber Ratgeber und Online-Datenbanken, die bei der Entscheidung helfen.

So hat die Ständige Impfkommission (STIKO) des Robert Koch-Instituts (RKI) in Berlin Ende Juni eine aktualisierte Liste der tatsächlichen und vermuteten Nebenwirkungen aller 41 in Deutschland zugelassenen Impfstoffe veröffentlicht. Neben beobachteten Begleiterscheinungen finden Leser auf 34 Seiten auch Hypothesen und unbewiesene Behauptungen bezüglich der Impfstoffe.

Seit Mai informiert auch das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) in Langen in einer Online-Datenbank über mögliche Komplikationen und Nebenwirkungen von Impfungen. Auf ihren Internetseiten sind alle Verdachtsfälle verzeichnet, die seit Inkrafttreten des neuen Gesetzes zum Infektionsschutz Anfang 2001 gemeldet wurden. Künftig sollen auch die Daten bis Anfang 1992 online abrufbar sein. Zwar seien nicht alle Einträge für Laien verständlich - trotzdem richte sich die Datenbank explizit auch an Patienten, sagt PEI-Sprecherin Susanne Stöcker. Allein gelassen sind Impfwillige in Deutschland schon per Gesetz nicht: Jeder Arzt ist verpflichtet, Patienten über etwaige Nebenwirkungen einer Schutzimpfung aufzuklären.

Die einzelnen Impfstoffe sind nicht für jeden verträglich: Nach den Empfehlungen der STIKO verbietet sich eine Impfung etwa bei Allergien gegen Bestandteile des Wirkstoffs. So reagieren manche überempfindlich auf die Antibiotika Neomycin und Streptomycin oder auch auf Hühnereiweiß. Spuren von Hühnereiweiß finden sich in Impfstoffen gegen Gelbfieber und Grippe.

Schwangere sollten zudem laut der STIKO auf Behandlungen mit Lebend-Impfstoffen verzichten, die etwa zum Schutz vor Masern, Mumps, Röteln oder Windpocken eingesetzt werden. Grundsätzlich sei eine Schutzimpfung gegen diese Krankheiten aber sowohl für Erwachsene wie auch für Kinder ab dem Säuglingsalter ratsam. Außerdem empfehle sich ein Impfschutz gegen Hepatitis B, Diphtherie, Keuchhusten, Tetanus, Kinderlähmung und den vor allem für Kleinkinder gefährlichen Erreger Haemophilus Influenzae Typ B. In Sachsen wird zudem die Schutzimpfung gegen Hepatitis A angeraten.

Seit März 2007 steht auch die neue Impfung gegen Humane Papillomaviren (HPV) auf der STIKO-Liste. Diese Viren können bei Frauen Gebärmutterhalskrebs auslösen. Empfohlen wird die HPV-Impfung Mädchen und jungen Frauen zwischen 12 und 17 Jahren - idealerweise vor dem ersten Geschlechtsverkehr.

Ratsam für Erwachsene ab 60 Jahren ist laut STIKO zudem eine Impfung gegen die Virusgrippe und gegen Pneumokokken. Bei einer Schutzimpfung gegen Influenza müssen Patienten laut RKI aber mit leichten Schmerzen an der Impfstelle, Rötungen sowie Verhärtung und Schwellung der Lymphknoten rechnen. Solche Reaktionen seien „Ausdruck der normalen Auseinandersetzung des Organismus mit dem Impfstoff“. Außerdem kann es zu Fieber, Übelkeit, Kopf-, Muskel- und Gelenkschmerzen kommen.

Empfohlen wird die Grippeschutzimpfung auch chronisch Kranken und Bewohnern von Alten- und Pflegeheimen. Ebenso sollten Personen gegen Influenza geimpft werden, die direkten Kontakt zu Wildvögeln oder Geflügel haben. Vor dem auch für Menschen gefährlichen Vogelgrippevirus H5N1 schützt der Impfstoff zwar nicht. Doch lassen sich so Doppelinfektionen verhindern, die dazu führen können, dass aus beiden Erregern im Körper des Opfers ein neues Virus entsteht.

Künftig sollen die gesetzlichen Krankenkassen zudem die Kosten für die von der STIKO empfohlenen Impfungen übernehmen. Bisher war die Kostenübernahme eine freiwillige Leistung der Kassen. Wenn das Bundesgesundheitsministerium dem Vorschlag zustimmt, könnte die Regelung rückwirkend zum 1. Juli 2007 in Kraft treten. Dies soll unter anderem dazu dienen, der steigenden Zahl von Impfmuffeln zu begegnen. Wer nicht geimpft ist, gefährdet seine Gesundheit laut dem RKI immer noch mehr, als es die Nebenwirkungen eines Impfstoffes tun.