MS-Medikamente

Gilenya-Generika kommen Patrick Hollstein, 27.05.2022 09:11 Uhr

Jetzt auch generisch: Die Generikahersteller machen Gilenya Konkurrenz. Foto: Wikipedia/Radosław Drożdżewski
Berlin - 

Mehrere Hersteller haben Fingolimod als Generika zur Behandlung von Multipler Sklerose (MS) auf den Markt gebracht. Damit bekommt der Blockbuster Gilenya von Novartis Konkurrenz. Noch schwanken die Einführungspreise stark, doch es gibt bereits erste Rabattvereinbarungen.

Seit Mitte Mai bieten verschiedene Generikahersteller Fingolimod zur Behandlung von hochaktiver schubförmig-remittierend verlaufender MS an. Am Markt sind Stada/Aliud, AbZ/Ratiopharm, Betapharm, Devatis, Glenmark, Puren, Mylan und Zentiva. Alle Generika kommen als Hartkapseln daher, verfügbar ist die Dosierung à 0,5 mg in Packungsgrößen à 28 und 98 Stück. Betapharm hat als einziger Anbieter überhaupt eine Größe à 56 Stück gelistet. Ratiopharm bietet wiederum auch die niedrigere Dosierung à 0,25 mg an, die sonst nur der Originator im Sortiment hat.

Beworben werden die Generika als „preiswerte Alternative“, doch noch schwanken die Einführungspreise stark. Während Mylan etwa mit 6303 Euro für die Großpackung denselben Preis aufruft wie Novartis, liegt Zentiva mit 2500 Euro bereits deutlich niedriger. Die Preise werden sich aber schnell ändern: Weil Senkungen auf den Herstellerrabatt angerechnet werden, werden Generika oft zunächst deutlich teurer auf den Markt gebracht.

Es gibt sogar schon Rabattvereinbarungen: Die Präparate von AbZ und Betapharm sind als Rabattpartner von AOK, Knappschaft und KKH gelistet. Mylan ist außerdem bei der TK an Bord. Ab Juni werden auch Aliud und Stada Bestandteil entsprechender Open-House-Verträge sein.

Fingolimod ist zugelassen als krankheitsmodifizierende Monotherapie von hochaktiver schubförmig-remittierend verlaufender MS bei erwachsenen Patienten und Kindern sowie Jugendlichen ab zehn Jahren mit einem Körpergewicht von mehr als 40 kg. Laut Studien reduziert der Wirkstoff signifikant das Risiko des Fortschreitens einer MS-Behinderung über 24 Monate und senkt in einer Dosierung von 0,5 mg täglich die jährliche Schubrate um 48 Prozent im Vergleich zum Placebo. In der Langzeitbehandlung beobachtete unerwünschte Ereignisse waren zumeist mild oder moderat.

Das Arzneimittel gehört zu den „krankheitsmodifizierenden Therapien“. Fingolimod wirkt als funktioneller Antagonist am S1P-Rezeptor der Lymphozten und blockiert so die Migration von Lymphozyten aus den Lymphknoten. Die Folge ist eine entzündungshemmende Wirkung. Die vier wichtigsten Schlüsselparameter der Krankheitsaktivität werden durch Fingolimod positiv beeinflusst: Schübe, MRT-Läsionen, Hirnatrophie und Behinderungsprogression.

Laut Arzneiverordnungsreport gehört Fingolimod neben Interferonen (Interferon beta, Peginterferon beta) und Immunmodulatoren wie Dimethylfumarat (Tecfidera), Glatirameracetat (Copaxone), Teriflunomid (Aubagio), Ocrelizumab (Ocrevus), Natalizumab (Tysabri) und Cladribin (Mavenclad) zu den am häufigsten eingesetzten Wirkstoffen bei MS. 2021 wurden demnach 4,9 Millionen Tagestherapiedosen (DDD) verordnet. Die Nutzenbewertung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) ergab nur in der Patientengruppe, für die ein Wechsel innerhalb der Basistherapeutika angezeigt war, einen Anhaltspunkt für einen nicht-quantifizierbaren Zusatznutzen.

Novartis hatte rechtzeitig vor Patentablauf mit Siponimod einen neuen Wirkstoff durch die Zulassung gebracht. Das Präparat Mayzent ist die einzige oral einzunehmende Therapie in Europa mit einer spezifischen Indikation für Patienten mit aktiver sekundär progredienter MS (SPMS).