Forschende untersuchen „lebende Medikamente“ gegen Krebs 24.09.2025 17:48 Uhr
Viele Krebsarten sind schwer behandelbar, weil Tumorzellen dem Immunsystem entkommen. CAR-T-Zellen umgehen dieses Problem: Patient:innen liefern Immunzellen, die im Labor so verändert werden, dass sie Krebszellen erkennen, und anschließend zurück in den Körper gelangen. Dort greifen sie die Tumorzellen gezielt an – wie „lebende Medikamente“.
CAR-T-Zellen (Chimeric antigen receptor T-Zellen) sind Immunzellen von Patient:innen, die im Labor verändert werden, damit sie Krebszellen gezielt erkennen und angreifen. Dafür bekommen die T-Zellen einen künstlichen Rezeptor auf ihrer Oberfläche, den sogenannten Chimeric Antigen Receptor. Er funktioniert wie ein Sensor, der die Krebszellen sichtbar macht. Die Zellen stammen aus dem eigenen Körper der Patient:innen und werden nach der Anpassung zurückgegeben, wodurch sie wie lebende Medikamente wirken.
Bisher helfen CAR-T-Zellen vor allem bei bestimmten Blutkrebsarten, doch ihre Wirkung reicht oft nicht aus: Manche Zellen verlieren ihre Kraft oder sind von Anfang an zu schwach. Forscher:innen am CeMM – Forschungszentrum für molekulare Medizin der Österreichischen Akademie der Wissenschaften – und an der Medizinischen Universität Wien haben jetzt eine Methode entwickelt, CAR-T-Zellen gezielt zu verbessern.
Cellfie testet und verbessert CAR-T-Zellen
Dafür nutzen die Forschenden das Forschungssystem Cellfie. Es erlaubt, Gene in CAR-T-Zellen gezielt zu verändern und zu testen, um herauszufinden, welche Änderungen die Zellen stärker, länger aktiv und wirksamer gegen Krebs machen. Cellfie prüft nicht nur einzelne Gene, sondern auch Kombinationen und präzise Veränderungen in der DNA. So lassen sich CAR-T-Zellen und andere Zelltherapien systematisch verbessern, mit möglichen Anwendungen über Blutkrebs hinaus, etwa bei festen Tumoren, Autoimmunerkrankungen oder regenerativen Therapien.
Das Ausschalten des Gens RHOG macht CAR-T-Zellen besonders effektiv gegen Leukämie. RHOG steuert normalerweise, wie sich Immunzellen bewegen und Signale weitergeben. Bei CAR-T-Zellen schwächt es ihre Wirkung gegen Krebs. Forschende haben RHOG mithilfe von CRISPR ausgeschaltet, einer Methode, mit der Gene gezielt verändert werden können.
„RHOG ist ein perfektes Beispiel dafür. Es erfüllt eine zentrale Funktion im Immunsystem, schwächt aber paradoxerweise die Wirksamkeit von CAR-T-Zellen. Indem wir dieses Gen mithilfe von CRISPR ausgeschaltet haben, konnten wir das therapeutische Potenzial der CAR-T-Zellen deutlich steigern“, erklärt Eugenia Pankevich, Co-Erstautorin und PhD-Studentin am CeMM.
Synergie von RHOG und FAS
Besonders stark wirkte die Kombination aus zwei Genen: RHOG und FAS. FAS ist ein Gen, das normalerweise dafür sorgt, dass Zellen sich selbst zerstören. „Durch gleichzeitiges Ausschalten von RHOG und FAS vermehrten sich die CAR-T-Zellen schneller, blieben länger aktiv, zerstörten sich weniger gegenseitig – und konnten Mäuse von aggressiver Leukämie heilen“, berichtet Cosmas Arnold, Co-Erstautor und wissenschaftlicher Projektleiter am CeMM.
Paul Datlinger ist Co-Erstautor, Co-Studienleiter und inzwischen Gruppenleiter am Arc Institute in Kalifornien. „Unsere Plattform testet tausende genetische Veränderungen parallel und zeigt, welche davon CAR-T-Zellen fitter, effektiver oder weniger erschöpft machen“, erklärt Datlinger.
Die Studie mit dem Titel „Systematic discovery of CRISPR-boosted CAR T cell immunotherapies“ wurde am CeMM und an der Medizinischen Universität Wien durchgeführt und in der Fachzeitschrift Nature veröffentlicht.