Zulassung widerrufen

Flupirtin ist Geschichte APOTHEKE ADHOC, 27.03.2018 11:34 Uhr

Weil die Maßnahmen zum Risikomanagement nicht ausreichend befolgt wurden, verliert Flupirtin die Zulassung. Foto: APOTHEKE ADHOC
Berlin - 

Zwischenergebnis bestätigt: Flupirtin-haltige Arzneimittel werden in der EU nicht mehr verfügbar sein. Aus Gründen des öffentlichen Gesundheitsschutzes wurden die Zulassungen der Schmerzmittel widerrufen.

Weil die 2013 eingeführten Maßnahmen zum Risikomanagement nicht ausreichend befolgt wurden und weiterhin schwerwiegende Leberschäden bis hin zum Leberversagen dokumentiert wurden, fehlt künftig eine Therapieoption zur Schmerzbehandlung. Die Experten der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) konnten keinerlei Maßnahmen identifizieren, die zur Einhaltung der Anwendungsbeschränkungen beitragen und so das Risiko für Leberschädigungen mindern können. Patienten würden weiterhin schwerwiegenden Risiken ausgesetzt, die den Nutzen überwiegen.

Patienten sollten seit 2013 nur noch maximal über einen Zeitraum von zwei Wochen mit Flupirtin-haltigen Arzneimitteln behandelt werden, wenn diese unter akuten Schmerzen litten und keine anderen Schmerzmittel in Frage kommen. Außerdem sollten die Betroffenen sich einer wöchentlichen Laborkontrolle der Leberwerte unterziehen. Diese Einschränkungen schienen jedoch in der Praxis nicht umgesetzt worden zu sein. Sechs Beobachtungsstudien konnten die fehlende Beachtung der Einschränkungen zur Minimierung der Leberschädigungen belegen.

Bei rückläufigen Verordnungszahlen konnten dennoch Fälle mit schwerwiegenden Leberschäden dokumentiert werden. In 23 Fällen kam es zu einem Leberversagen, von denen einige gar tödlich verliefen oder eine Transplantation zur Folge hatten. Die Reaktionen seien nicht vorhersehbar und der exakte Mechanismus, der für die hepatotoxische Wirkung verantwortlich ist, nicht bekannt, so die Experten.

Nachdem das Zwischenergebnis des im Oktober eingeleitenden Risikobewertungsverfahrens bekannt wurde, folgten die Hersteller der Empfehlung und riefen die Flupirtin-haltigen Arzneimittel zurück. Das Verfahren wurde auf Ersuchen Deutschlands eingeleitet. Die Arzneimittel waren seit den 1980er Jahren unter anderem in Deutschland Österreich, Estland, Polen, Portugal und der Slowakei auf dem Markt.

Flupirtin ist ein nicht-opioides zentral wirksames Analgetikum. Dem Arzneistoff werden muskelentspannende und schmerzstillende Eigenschaften zugesprochen. Außerdem soll Flupirtin Einfluss auf das Schmerzgedächtnis nehmen. Enthalten ist der generische Wirkstoff beispielsweise in Katadolon (Teva). Flupirtin aktiviert G-Protein-gekoppelte, einwärts gleichgerichtete Kaliumkanäle der Nervenzelle. Die Kanäle öffnen sich und Kalium strömt ein. Die Aktivierung der Nervenzellmembran wird herabgesetzt. Indirekt kommt es zur Hemmung der Aktivierung von NMDA-Rezeptoren.

Gebrauchsinformationen flupirtinhaltiger Arzneimittel waren mit einem „▼“ gekennzeichnet. Das Symbol zeigt, dass die Arzneimittel einer zusätzlichen Überwachung unterliegen. Menschen mit bestehender Lebererkrankung, Alkoholiker oder Patienten, die bereits andere hepatotoxisch wirkende Medikamente nehmen, sollen gar nicht mit Flupirtin behandelt werden.