Finasterid: EMA und BfArM warnen vor Suizidrisiko 15.09.2025 13:43 Uhr
Patient:innen, die Finasterid einnehmen, können Suizidgedanken entwickeln – vor allem bei der Behandlung einer androgenetischen Alopezie. Ein aktueller Rote-Hand-Brief informiert über neue Maßnahmen zur Risikominimierung. Auch bei Dutasterid wird wegen des vergleichbaren Wirkmechanismus zu Vorsicht geraten.
Die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) und das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) warnen vor möglichen psychischen Nebenwirkungen bei der Einnahme von Finasterid. Besonders Menschen, die das Medikament in niedriger Dosierung von 1 mg gegen erblich bedingten Haarausfall anwenden, können von Suizidgedanken betroffen sein.
Packungsbeilage wird um Warnhinweise erweitert
Damit wird die bereits im Mai bestätigte Einschätzung, dass Suizidgedanken eine mögliche Nebenwirkung oraler Finasteridpräparate sind, nun mit konkreten Sicherheitsmaßnahmen umgesetzt.
Künftig wird in jeder Packung mit Finasterid 1 mg eine Patientenkarte enthalten sein. Diese weist auf das Risiko depressiver Verstimmungen, Depressionen, Suizidgedanken und sexueller Funktionsstörungen hin. Für Finasterid 5 mg, auch in Kombination mit Tadalafil oder Tamsulosin, bestehen entsprechende Warnhinweise bereits.
Bei Dutasterid werden die Produktinformationen vorsorglich ergänzt, da ein Zusammenhang mit Suizidgedanken zwar nicht eindeutig belegt ist, aber aufgrund des ähnlichen Wirkmechanismus möglich erscheint. Für topisch angewendetes Finasterid gibt es derzeit keine Hinweise auf ein erhöhtes Risiko, sodass hier keine Änderungen erfolgen.
Patientinnen und Patienten mit depressiven Symptomen oder Suizidgedanken wird geraten die Einnahme beenden und ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen. Auch sexuelle Funktionsstörungen können zu Stimmungsveränderungen beitragen und sollten ernst genommen werden.
Datenlage zeigt erhöhtes Risiko bei Haarausfall
Eine von der EMA durchgeführte Überprüfung hat das Risiko bestätigt. In der europäischen Datenbank EudraVigilance wurden 325 Fälle von Suizidgedanken im Zusammenhang mit sogenannten 5-Alpha-Reduktase-Hemmern erfasst, 313 davon unter Finasterid und 13 unter Dutasterid. Die meisten Meldungen betreffen die Behandlung von Haarausfall, während bei Prostatavergrößerung deutlich weniger Fälle registriert wurden.
Nach Angaben der EMA sind diese Zahlen vor dem Hintergrund einer geschätzten Exposition von rund 270 Millionen Patientenjahren für Finasterid und etwa 82 Millionen Patientenjahren für Dutasterid zu sehen.
Suizidgedanken gelten damit offiziell als mögliche Nebenwirkung mit unbekannter Häufigkeit. Nebenwirkungen im Zusammenhang mit Finasterid oder Dutasterid können weiterhin den Zulassungsinhabern oder direkt dem BfArM gemeldet werden.
Über die Wirkstoffe
Finasterid und Dutasterid gehören zur Wirkstoffklasse der 5-Alpha-Reduktase-Hemmer. Beide blockieren das Enzym 5-Alpha-Reduktase (5-AR) und verhindern dadurch die Umwandlung von Testosteron in 5-Alpha-Dihydrotestosteron (DHT).
Dieses Hormon spielt eine Rolle bei erblich bedingtem Haarausfall und bei der Vergrößerung der Prostata. Durch die Absenkung des DHT-Spiegels können Haarausfall verlangsamt, das Haarwachstum gefördert und die Prostatagröße verringert werden.
Finasterid wird in Tabletten zu 1 mg bei androgenetischer Alopezie und zu 5 mg bei gutartiger Prostatahyperplasie eingesetzt. Dutasterid ist zur Behandlung der gutartigen Prostatahyperplasie zugelassen und hemmt beide Isoformen des Enzyms, wodurch die DHT-Senkung ausgeprägter ausfallen kann.